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Lügen als Bestandteil unseres sozialen Systems

Lügen sind verpönt. Aber in Wahrheit sind sie ein fester Bestandteil sämtlicher sozialer Beziehungen und gute Lügner sind sogar am beliebtesten.

Ein altes Sprichwort behauptet, Lügen hätten kurze Beine. Aber stimmt das? In gewissen Situationen will sicher ein jeder belogen werden. Oder will eine Frau die Wahrheit wissen, wenn ihr Mann gerade denkt, dass die Frau am Tisch gegenüber viel attraktiver ist als sie? Eine Umfrage zeigt, dass Lügen schon zu unserem Alltag gehört, wie der Gang zur Toilette. Der Psychologe Gerald Jellison von der Universität South Carolina will herausgefunden haben, dass jeder Mensch im Durchschnitt alle acht Minuten belogen wird und in einem Gespräch von etwa zehn Minuten, lügen sich sechzig Prozent der Menschen bis zu dreimal an. Und es bieten sich einem ja auch so viele gute Gründe zum Lügen.

Lügen um erfolgreich zu sein

Im Schnitt ist jeder dritte Deutsche der Ansicht, dass man ohne Lügen keinen Erfolg im Beruf haben kann. Zu den häufigsten berufsbezogenen Lügen zählen Aussagen wie „Ich stehe im Stau“ oder „Ich habe die Papiere gestern zur Post gebracht“. Ob einen diese kleinen Notlügen aber wirklich im Beruf weiterbringen, erscheint zweifelhaft. Jedem Vorgesetzten ist sicher bewusst, dass die Ausrede mit dem Stau in den seltensten Fällen der Wahrheit entspricht. Schon im Vorstellungsgespräch schwindeln die meisten Bewerber. Ihrer Meinung nach kommt es hier nicht so sehr auf die Wahrheit an, sondern auf die Selbstdarstellung. Und immerhin geht man davon aus, dass die anderen auch lügen. Würde man selbst bei der Wahrheit bleiben, wäre der Wettbewerb ja unfair. Es gibt aber auch Berufsgruppen, für die Lügen zum Geschäft gehört. Ein Anwalt zum Beispiel lebt davon, Wahrheiten zu unterdrücken, Dinge zu verdrehen und Prozesse künstlich in die Länge zu ziehen. Auch ein Immobilienmakler wird einem die präsentierte Immobilie in der Regel als einwandfrei und perfekt auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmt erklären. Und letztlich wird einem auch ein Verkäufer meist das sagen, was man hören will, auch wenn es nicht der Wahrheit entspricht. Und ganz sicher wird er einen nicht darauf hinweisen, dass es den selben Artikel im Geschäft nebenan für die Hälfte des Preises gibt – vor allem dann nicht, wenn er provisionsgebunden bezahlt wird. Aber es gibt auch Berufe, in denen man mit Lügen nicht weiter kommt. Ein Friseur, zum Beispiel, hätte auf Dauer keine Kundschaft mehr, wenn er ihnen Haarschnitte verkaufen würde, die nicht zu ihnen passen.

Lügen um beliebt zu sein

Eine Studie der Universität Massachusetts besagt, dass Lügner beliebter seien. Hierzu wurden einige Schüler im Bezug auf ihre sozialen Tätigkeiten und ihre Fähigkeit zu lügen untersucht. Dabei kam heraus, dass die beliebtesten Schüler diejenigen waren, die eine Lüge am geschicktesten als Wahrheit tarnen konnten. Hier zeigt sich zum einen, dass man mit der Wahrheit innerhalb von sozialen Systemen nicht weit kommt, zumindest nicht auf der Beliebtheitsskala. Auf der anderen Seite sieht man auch, dass es nicht nur darauf ankommt zu lügen. Viel wichtiger scheint zu sein, wie gut man eine Lüge verbergen kann. Robert S. Feldmann, Leiter dieser Studie, spricht in diesem Zusammenhang von lügen sogar als „social skill“ – sozialer Kompetenz. Und immerhin geben auch acht Prozent der befragten Deutschen an, dass sie lügen um ihre Beliebtheit zu steigern. Lügen bringen einen also tatsächlich weiter – sofern diese nicht enttarnt werden.

Lügen um andere Menschen nicht zu verletzen

Innerhalb fester zwischenmenschlicher Beziehungen wird leider auch nicht weniger gelogen, nur anders. Unter Freunden sind Lügen wie „Ich habe derzeit nur wenig Zeit“ oder „Ich hatte bei dir angerufen, es war besetzt“ angesagt. Bei einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach sagten achtzig Prozent der 2.100 Befragten , dass sie schon mindestens einmal ihren Freunden gegenüber behauptet hätten keine Zeit zu haben, tatsächlich aber nur keine Lust hatten sie zu treffen. Auch innerhalb der Partnerschaft wird nicht selten gelogen. Zwölf Prozent dieser Befragten gaben zu, dass sie sich mit ihrem Expartner trafen, ihrem aktuellem Partner gegenüber dies aber verschwiegen und stattdessen vorgaben, beruflich unterwegs zu sein. Innerhalb sozialer Beziehungen ist der Grund für eine Lüge aber meist der, die Menschen, die einem etwas bedeuten, nicht zu verletzen. Psychologen sagen sogar, dass kleinere Lügen einer Beziehung sogar gut tun können. Vor allem Komplimente und Schmeicheleien können einer Partnerschaft gut tun, solange es nicht übertrieben wird. Sie werden in Liebesbeziehungen sogar voneinander erwartet und prägen das Beziehungsbild. Um es mit den Worten von Lao Tze zu sagen: „Wahre Worte sind nicht schön. Schöne Worte sind nicht wahr.“