Das Einwegpfand – Vorteile und Nebenwirkungen

Ein Mehrwegsystem in der Sackgasse oder der Siegeszug der Petflasche. In Zeiten von Klimawandel und Umweltkrisen schießen Einwegflaschen aus PET unser Mehrwegsystem sturmreif. Das Einwegpfand erweist sich als zu schwacher Schutz.

Demonstrationen, Bürgerbegehren, Aufklärungsaktionen: Ende der 1980er Jahre zeitigte der Volkswille endlich Erfolge und rückte die Umweltproblematik in den Fokus der Politik. Um der Landschaftsverschmutzung und wachsenden Müllbergen entgegenzuarbeiten, wurde 1991 unter der damaligen schwarz-gelben Regierung die Verpackungsordnung beschlossen: Diese legte für Getränkeverpackungen einen Anteil von 72% Mehrweg als Richtwert fest. In der dritten Novelle der Verpackungsordnung 2005 wurde diese Quote auf 80% erhöht und gilt seitdem sowohl für Mehrwegverpackungen als auch für ökologisch vorteilhafte Einwegverpackungen (Getränkekarton, Schlauch- und Standbeutel). Soweit die Theorie – in der Praxis sackt die Mehrwegquote allerdings seit Jahren beständig ab.

Das Einwegpfand und die Mehrwertkrise

Der Gesetzgeber versuchte diesem Trend mit einem Steuerungsmechanismus zu begegnen: 2003 wurde eine Pfandpflicht für die meisten Einwegverpackungen erlassen und – nachdem Teile der Getränkeindustrie massiv die Lücken im System strapazierten – in der oben erwähnten Änderung der Verpackungsordnung ausgeweitet. Seitdem gilt ein Einwegpfand von in der Regel 25 Cent für Mineralwasser, Bier und Biermischgetränke sowie Erfrischungsgetränke in den Füllgrößen 0,1 Liter bis 3,0 Liter. Ausgenommen sind neben den so genannten ökologisch vorteilhaften Einwegverpackungen bestimmte Getränke wie Spirituosen, Wein, Milch und Fruchtsaft.

Durch dieses Einwegpfand sollten die Mehrweg- und Recyclingquoten gesteigert sowie die landschaftliche Vermüllung (Littering) durch Bierdosen etc. reduziert werden. Während die letzten beiden Ziele erreicht wurden, sieht es für das Mehrwegsystem zunehmend düster aus: Seit 2004 (71,1%) erlebte es einen jährlichen Rückgang um mehr als 5%. Zwischenzeitliches Fazit dieser traurigen Entwicklung: 2007 betrug der Anteil von Mehrweg- und ökologisch vorteilhaften Einwegverpackungen im Getränkesektor nur noch 54,7%.

Gestatten PET – der Vormarsch der Einwegflasche

Die Ursache für den steten Abwärtstrend heißt PET, voller Name Polyethylen. Einwegflaschen aus diesem billigen Kunststoff sind mit insgesamt 42,6% Anteil im Getränkesektor auf dem Vormarsch. Können sich Mehrwegflaschen und ökologisch vorteilhafte Einwegverpackungen im Brauereiwesen (86%) noch recht gut halten, verlieren sie sowohl bei den Erfrischungsgetränken (42,8%) als auch beim Mineralwasser (47,3%) an Boden (vgl. Heinisch, Jürgen: Verbrauch von Getränken in Einweg- und Mehrwegverpackungen. Berichtsjahr 2007. Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) im Auftrag des Umweltbundesamtes, 2009).

Vor allem die großen Discounter werfen Durstlöscher in PET-Einwegflaschen zu Spottpreisen auf den Markt. Sehr zum Leidwesen der Getränkemärkte – sie gehören neben kleinen und mittelständischen Abfüllern zu den Verlierern dieser Entwicklung.

Die PET-Flasche und das Pfandsystem

Wer sich an die vermüllten Straßengräben, Waldwege und Parkwiesen früherer Zeiten erinnert, der weiß die Vorteile des Einwegpfands zu schätzen. Auch die bei allen Getränkeverpackungen relativ hohen Recyclingquoten sind zu einem Gutteil sein Verdienst. Allerdings hat das Einwegpfand auch unerwünschte Nebenwirkungen: Zum einen ist das Mehrwegbewusstsein in der Bevölkerung geschwunden. Häufig wird eine Pfandabgabe generell mit Mehrweg gleichgesetzt, das Rückgabesymbol (DPG-Logo) und die Auszeichnung als Pfandflasche tragen dabei zu solchen Missverständnissen bei. Zum anderen machen Discounter bei der nicht unerheblichen Anzahl nicht zurückgegebener Flaschen über das Einwegpfand Gewinne – die den Preis dieser Getränke weiter drücken. Umwelt- und Wirtschaftsverbände fordern deshalb neben einer besseren Kennzeichnung eine zusätzliche Abgabe zum Einwegpfand. Denn: Einwegflaschen aus PET sind zwar praktisch weil leicht, ökologisch jedoch eher Schwergewichte.

Ökologie – Mehrwegflaschen und Einwegflaschen

Ökologisch gesehen sind Mehrwegflaschen den Einwegverpackungen immer noch weit überlegen – eine Mehrweg-Glasflasche kann bis zu 50mal, eine PET-Mehrwegflasche bis zu 25mal befüllt werden. Das spart Energie und Ressourcen. Apropos Ressourcen: Der Kunststoff Polyethylen besteht hauptsächlich aus dem begrenzten wie umkämpften Rohstoff Erdöl. Glas dagegen wird aus Sand, Kalk und Soda hergestellt. Zwar haben Kunststoff- wie auch Kartonverpackungen auf lange Transportwege gesehen aufgrund ihres niedrigeren Eigengewichts energetische Vorteile, aber gerade weite Strecken gilt es aus ökologischer Sicht zu vermeiden.

Mehrweg-Glasflaschen sind in dieser Hinsicht vorbildlich, sie kommen überwiegend aus der Region: Das ist nicht nur im Sinne von Mutter Natur, sondern stärkt auch die heimische Wirtschaft, erhält Arbeitsplätze in Kleinbetrieben und Getränkemärkten und bewahrt die Sortenvielfalt. Und wer Mehrwegflaschen kauft, der hilft auch der Mehrwegquote von Vater Staat auf die Sprünge. Mit kurzen Wegen aus der Sackgasse. Es kann doch manchmal so einfach sein.

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