Die Süßlupine – eine Eiweißpflanze mit großer Zukunft

Was den Ersatz von tierischem Eiweiß betrifft, so hatten bisher pflanzliche Produkte aus Soja oder Seitan die Nase vorn, doch das könnte sich bald ändern. Seitdem es gelungen ist, die Eiweißquelle aus Lupinen zu isolieren und sie in Eis, Wurst, Backwaren und anderen Lebensmitteln einzusetzen, ist deren Siegeszug zukünftig wohl nicht mehr aufzuhalten.

Was sind Lupinen und was macht sie so besonders?

Lupinen gehören zu den Hülsenfrüchten, die es bereits seit 4000 Jahren gibt. Sie wachsen in Europa, sind sehr genügsam und verbessern durch ihre Stickstoff bindenden Wurzeln den Ackerboden. Bisher wurden sie – wie Soja – vorwiegend als Kraftfutter für Tiere eingesetzt. Doch Soja ist als Tierfutter umstritten, da es lange Transportwege hinter sich hat und teilweise auch gentechnisch verändert beziehungsweise stark belastet ist mit glyphosathaltigen Unkrautvernichtungsmitteln.

Für den menschlichen Verzehr waren Lupinen wegen ihrer Toxizität lange Zeit nicht geeignet. In den 30er Jahre gelang es schließlich, Süßlupinen ohne Alkaloide (Gift-und Bitterstoffe) zu züchten. Das Besondere an ihnen ist ihr hoher Proteingehalt. Lupinen-Samen enthalten davon bis zu 40 Prozent – mehr als Hülsenfrüchte, Soja, Getreide und Nüsse bieten können. In dieser Größenordnung und mit ihrer biologischen Wertigkeit sind sie vergleichbar mit tierischem Protein. Zudem können sie mit Vitamin E, Kalium, Kalzium, Magnesium und Spurenelementen aufwarten. Die Lupine hat eine ähnliche Konsistenz wie tierisches Fett und ist daher vielseitig einsetzbar. Verarbeitet weist sie eine saftige, elastische Textur auf, die dem Fleisch sehr ähnlich ist.

Weitere Vorteile:

  • sie ist erheblich fett- und cholesterinärmer als tierisches Fett und daher physiologisch wertvoll
  • gluten- und laktosefrei
  • frei von bitteren und blähenden Inhaltsstoffen
  • sie kann roh gegessen werden, was bei Soja nicht der Fall ist.

Eines hat die Süßlupine allerdings mit Soja gemeinsam: Von ihr geht eine gewisse Allergie-Gefahr aus. Menschen, die auf Hülsenfrüchte und Erdnüsse allergisch reagieren, könnten hier möglicherweise eine Kreuzallergie erleiden.

Wie alles anfing

Bereits in den 90er Jahren gab es Versuche des Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) aus den Samen der Lupinen Lebensmittel herzustellen, aber wirkliche Erfolge konnte man nicht vorweisen. Erst nachdem Gerhard Kloth, ein Lupinen-Experten und gelernter Konditor, anregte, die blaue Süßlupine zu nutzen, kam man entscheidende Schritte voran. Auf die Idee hatte ihn seine Tochter gebracht, die kein Milcheis vertrug, sich aber sehnlichst ein Eis wünschte, das ebenso cremig-sahnig schmeckt.

Mit dieser Lupinenart und einem speziellen Herstellungsverfahren, in dem weitere störende Bitterstoffe herausgewaschen werden, hatte man schließlich Erfolg. Das Spezielle an der proteinhaltigen Süßlupine ist ihr ausgewogener Geschmack, eine ähnliche Konsistenz wie Fett und ein angenehmes Mundgefühl – so Frau Professor Dr. Stangl im TV- Gesundheitsmagazin “Visite“. Inzwischen konnte man am Fraunhofer Institut auch schmackhafte Lupinen-Pralinen herstellen, die durch das cremige Protein nur noch ein Fünftel des Fettes beinhalten wie herkömmliche Pralinen.

Welche Erzeugnisse gibt es bereits aus Lupinen?

Bisher gibt es nur wenige Hersteller, die sich auf Lupinen-Erzeugnisse spezialisiert haben:

  • Firma Alberts stellt Produkte wie Filets, Schnitzel, Würstchen, Geschnetzeltes, Gyros oder Burger in Bioqualität, vegan, laktose-, hefe- und glutenfrei her.
  • Mitte 2011 brachte die Firma Prolupin das Eis “Lupinesse“ auf den Markt und konnte damit in kurzer Zeit große Erfolge erzielte. Für Eis liebende Veganer oder Menschen mit Milchunverträglichkeit ist dieses Eis, das es in 4 verschiedenen Geschmacksrichtungen gibt, vermutlich ein Geschenk des Himmels. Die Stiftung Warentest zeichnete bei “laktosefreie Produkte“ die Sorte ‚Choco Flakes‘ im Juni 2011 mit “gut“ aus.
  • Lupinen-Tofu mit dem Namen “Lopino“, ist eine schnittfeste gelbliche Masse und hat – im Gegensatz zum eher geschmacklosen Soja-Tofu – einen leicht nussigen oder marzipanähnlichen Geschmack.
  • Vielerlei lässt sich aus Süßlupinen herstellen, wie zum Beispiel Milch, Desserts, gebundene Suppen, Müslis, Mehl, Backwaren, Schokolade, Bratlinge. Einige Produkte sind bereits über den Naturkostladen oder über den veganen Versandhandel erhältlich.
  • Die Herstellung von Proteinpulver aus Lupinensamen befindet sich noch in der Entwicklung. Dieses Produkt könnte für Kleinkinder, die allergisch auf Kuhmilch reagieren, eine gute Alternative sein.
  • Bioland-Bauer Fritz Klein aus Wertheim-Sachsenhausen war 1996 mit seinem “Lupino“ in Deutschland Pionier auf dem Gebiet Bio-Kaffee aus Lupinen. Mit dem Bio-Espresso (Lupresso) und Bio-Mokka ist er weltweit sogar der einzige Anbieter. Das Besondere am Lupinen-Kaffee ist der geringe Gehalt an Reizstoffen, was durch eine lange Röstzeit erreicht wird.

Große Pläne für die Zukunft

Eine Ausgründung des IVV, die Prolupin GmbH in Neubrandenburg, kooperiert mit 14 weiteren Partnern in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bis 2013 geförderten Wachstumskern “PlantsProFood – Lebensmittel aus Blauen Süßlupinen“. Zu ihnen gehören unter anderem die Saatzucht Steinach GmbH aus dem Müritzkreis, die Greifen-Fleisch GmbH aus Greifswald, die Möwe Teigwaren GmbH aus Müritz. An der Forschung beteiligen sich das Julius-Kühn-Institut aus Groß-Lüsewitz, die Universität Rostock, die Universitätsfrauenklinik in Rostock sowie das Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung aus Freising (Bayern) mit Niederlassung in Neubrandenburg. Die Gesamt-Projektkosten belaufen sich auf 6,1 Millionen Euro, wovon das BMBF 4,2 Millionen Euro trägt.

Der Nordosten Deutschlands ist mit seinen leichten Ackerböden geradezu “Lupinenland“, so ein Züchtungsforscher. Da die Eiweißpflanze genügsam ist, nimmt sie anspruchsvolleren Fruchtarten nicht den Platz weg. Beste Voraussetzungen also für die “Sojabohne des Nordens“, wie sie auch schon genannt wird.

Im Wachstumskern “PlantsProFood“ hält man das Potenzial der Lupine für noch lange nicht ausgeschöpft. Karin Petersen, Geschäftsführerin der Prolupin GmbH, kündigte an, dass man aufgrund der großen Nachfrage nach dem Eis “Lupinesse“ in neue Produktionsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern investieren werde. In Zukunft soll aber neben neuen Eiskreationen auch in Lupinenkäse, fettreduzierte Wurst- und Fleischwaren oder Sahneersatz auf Lupinenbasis investiert werden. Mit einer eigens konstruierten Anlage sollen Süßlupinen-Samen so zu Mehl verarbeitet werden, dass alles Wertvolle der Lupine enthalten bleibt und man von einem “hochreinen Protein“ sprechen könne.

Ziel des Verbundes ist es, mit der Marke “ProLupin“ bis zum Jahr 2018 bedeutendster Hersteller von pflanzlich basierten Lebensmitteln aus Blauen Süßlupinen in Europa zu sein. Es steht der Lupine also eine vielversprechende Zukunft bevor!

Produkte pflanzlicher Herkunft sind unbestritten eine große Bereicherung in der Küche, jedoch darf auch hier nicht übersehen werden, dass sie – wie zahlreiche andere Nahrungsmittel – fabrikatorischen Prozessen unterliegen und oft Zusatzstoffe enthalten. Das hat immer Nährwertverluste zur Folge. In der vollwertigen Küche sollten sie eher die Ausnahme bilden, können aber sicherlich dazu beitragen, Einsteigern in eine veränderte Ernährungsform den Verzicht auf Fleisch oder Milchprodukte zu erleichtern.

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