Rezension – Jörg Zipprick: In Teufels Küche

Wie kommen eigentlich die Sterne zu den Köchen? Wie gut ist eigentlich die neue Molekularküche? Diese Fragen und andere werden hier beantwortet.

„In Teufels Küche“ mit dem Untertitel „Ein Restaurantkritiker packt aus“ ist erst einmal ein sehr reißerischer Titel. Es fängt aber ruhig an. Auf den ersten Seiten geht es erst einmal um etwas Anderes. Am Anfang steht nämlich die Frage, wie man Restaurantkritiker wird. Zipprick, seit 20 Jahren in der Branche aktiv, beantwortet sie eindeutig: durch Vergleichen. Und zwar das Essen bei den verschiedensten Restaurants. Nur durch Erfahrung in guten Restaurants, die nicht immer leicht zu finden sind, lernt man, seinen Geschmack zu prägen ung gutes und vor allem hochwertig, also mit frischen Zutaten, zubereitetes von einem lieblosen zu unterscheiden. So isst sich Zipprick erst einmal durch die Restaurants halb Europas, als Student und auf eigene Kosten. Aha, Spaß am Essen ist also auch eine Voraussetzung.

Der Werdegang zum Restaurantkritiker

Eigentlich war es Zufall, dass Zipprick dann tatsächlich zum Restaurantkritiker wurde und damit erst einmal einen professionellen Blick auf Restaurants und Restaurantführer nehmen konnte. Gault Millau und Michelin, das waren die Führenden dieser Zeit vor etwa 20 Jahren. Schnell fand Zipprick heraus, dass es einige Regeln gibt, die kaum aufzubrechen sind. 1. Ein einmal gut bewertetes Restaurant wird eigentlich nie wieder abgewertet. 2. Nur ein kleiner Teil der Restaurants kann jedes Jahr besucht werden, deswegen darf man sich auf die Sterne nicht verlassen. 3. Sterne kann man auch durch gute Beziehungen bekommen. 4. Der unerkannt testende Kritiker ist ein Märchen.

Kritik an den Fernsehköchen

Kochen ist in Deutschland (aber auch anderen Ländern) ausgesprochen populär. Lafer, Schuhbeck & Co. zeigen uns, wie man nur mit feinsten Zutaten und natürlich ohne „künstliche“ Additive wie Geschmacksverstärker lecker kochen kann. Gleichzeitig aber treten sie für Produkte, die genau dies nicht leisten. Ob das Lafer-Fonds oder die von Alfons Schuhbeck speziell konzipierten Gerichte, tausendfach in der Bahn, auf Raststätten und zuletzt bei einer großen Fastfoodkette angeboten, die sicherlich nicht für den Verzicht auf Geschmacksverstärker etc. bekannt sind.

Erste Zweifel

Um einmal auch hinter die Kulissen zu schauen, wurde Zipprick Stammgast bei Rungis, dem Großmarkt der feinen Küche (zumindest auf dem Papier). Schnell stellte er fest, dass die sogenannten Spitzenköche nicht immer die beste Qualität kaufen und man den Sternen nicht trauen darf. Diese dienen vor allem dazu, die Preise hoch zu halten.

In Teufels Küche

Hart ins Gericht geht Zipprick dann aber mit der sogenannten Neuen Küche z.B. des angeblich besten Kochs der Welt, Ferran Adrià vom „El Bulli“ in Spanien. Zurzeit geschlossen, mussten Sie mindestens ein halbes Jahr auf einen Platz warten. Nicht als Restaurantkritiker, dann warteten sie längstens zwei Wochen. Im eigenen Labor sollten seine Kreationen entwickelt sein. Zipprick weist aber nach, dass es die Bremer Firma INICON ist (nach eigenen Aussagen ist ihre Aufgabe die „Entwicklung innovativer Technologien in die moderne Gastronomie für die Modernisierung des Kochens“ und die Ergebnisse sind jedermann gegen entsprechendes Entgelt zugänglich), die all dies entwickelte. Mehr Zusatzstoffe als konventionelle Lebensmittel, oft weit jenseits üblicher Höchstgrenzen, und das ohne jede Deklaration (die bei jedem Lebensmittel in der Dose bis in Spuren geht).

Kritik der Molekularküche

Zipprick kritisiert vor allem die nicht gekennzeichnete, teilweise massenhafte Verwendung von Zusatzstoffen und das Verkaufen des Ganzen als neue oder moderne Küche. Er plädiert für eine Küche, die sich wieder auf echte Lebensmittel beruft und diese schmackhaft zubereitet. Auch Allergiker sollten dieses Buch dringend lesen, ihnen wird vielleicht so manches klar.

Das Buch zeigt, dass die „moderne Küche“ eigentlich ein Pendant zu „des Kaisers neue Kleider“ ist und die Köche quasi nackt dastehen. Laborpanscherei ist an die Stelle von Kochen getreten, und der Restaurantesser ist auch noch dumm genug, dafür reichlich zu zahlen. Denn eine Verteurung auf das Zwanzigfache des Einkaufspreises ist hier nicht selten.

Fazit

Wer dieses Buch liest, isst bewusster. Es geht nicht darum, alle und jede Geschmacks- und Zusatzstoffe zu vermeiden. Richtig und in kleiner Menge eingesetzt, mag der eine oder andere angehen. Richtiges Kochen kann aber weitgehend darauf verzichten. Sie kaufen vielleicht eine Tütensuppe nicht, weil dort fünf E-Nummern gelistet sind. Dann sollten Sie nie ein Restaurant der „modernen Küche“ gehen. Mit fünf E-Nummern kommen Sie da nicht aus.

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