Achtung, Bananenflanke!

Die gefürchtete Bananenflanke beim Fußball folgt physikalischen Gesetzen. Wie sie entsteht und warum sie so heimtückisch für den Gegner ist, wird erklärt.

Im Fußball sind so genannte Bananenflanken, das sind Bälle, die wider Erwarten eine wie eine Banane gekrümmte Flugbahn annehmen, zu Recht gefürchtet. Man sieht ihnen nämlich nicht an, wohin letztendlich die Reise geht! Legendäre Fußballspieler wie Manni Kaltz vom Hamburger SV oder der Brasilianer Roberto Carlos tricksten mit ihnen, besonders bei einem Freistoß, die gegnerische Abwehr aus und erhielten damit Kultstatus: Durch ein gezieltes seitliches Anspielen des Balls, dem Anschneiden, bewegt sich dieser dann elegant um die gegnerische Mauer herum und nimmt Kurs aufs Tor.

Der Magnus-Effekt steckt hinter der gekrümmten Bahn

Hinter der Bahnabweichung verbirgt sich der Magnus-Effekt, benannt nach Heinrich Magnus, einem deutschen Physiker und Chemiker, der das aerodynamische Phänomen 1852 bei Experimenten mit Geschossen entdeckte. Ursache für die gekrümmte Flugbahn und damit das unberechenbare Verhalten einer Bananenflanke ist eine Eigendrehung (Rotation) des Balls um seine senkrecht (vertikale) Achse.

Die Erscheinung tritt immer dann auf, wenn sich eine Kugel oder ein Ball um ihre eigene Achse dreht und sich zusätzlich durch ein Medium wie Luft oder Wasser bewegt. Durch die Drehung um die eigene Achse entsteht nämlich ein Druckunterschied, der den Ball zur Seite hin ablenkt und so aus seiner geradlinigen Bahn wirft.

Den Effekt genauer: Die raue Oberfläche des Balls reißt durch Reibung ständig nahe Schichten der Luft mit. Allerdings dreht sich die eine Ballseite mit der Luftströmung, die dort dann schneller fließt. Auf der anderen Seite bremst die mitgerissene Luft die entgegenkommende ab; die Strömung wird insgesamt langsamer. Die beiden Bewegungen überlagern sich. Nach dem Gesetz von Bernoulli nimmt der Druck mit zunehmender Strömungsgeschwindigkeit der Druck ab. Bei langsamerer Strömung nimmt der Druck zu. Dies erklärt den Druckunterschied am Ball, der die ablenkende Kraft des Magnus-Effekts erzeugt.

Turbulenzen sorgen für mehr!

Der Magnus-Effekt ist jedoch noch nicht die ganze Wahrheit. Denn manchmal nehmen die Bälle nicht nur gekrümmte Bahnen, sondern fliegen – fast wie aus dem Nichts Haken schlagend – um die Ecke. Tatsächlich spielen auch Turbulenzen eine Rolle. Dabei handelt es sich um chaotische und unberechenbare Luftverwirbelungen, die sich um und hinter dem Ball bilden.

Bei der Bananenflanke sorgt die Rotation des Balles dafür, dass solche Wirbel auf der sich mit der Strömung drehenden Seite erst später entwickeln als auf der Seite, die gegen die Luftströmung rotiert. Dadurch neigt sich die Wirbelstraße, die hinter dem Ball entsteht, zur gegenläufig drehenden Seite. Hat sie sich erst mal gebildet, sorgt sie dafür, dass der Ball zur anderen Seite gelenkt wird, wie ein Steuer bei einem Boot.

Geschickte Fußballer nutzen das aus

Diesen Effekt nutzen natürlich die Spieler aus: Sie verleihen dem Ball durch seitliches Ankicken, bei dem der Fuß nach dem Treffen des Balls diesen praktisch noch ein kleines Stück mitführt, eine Eigenrotation, auch Drall oder Sidespin genannt. Je schneller sich der Ball um die eigene Achse dreht, desto gekrümmter und damit für den Gegner unberechenbarer ist die Flugbahn.

Schüsse im Fußball erreichen Geschwindigkeiten von mehr als 100 km/h; dabei wirbelt der Ball ungefähr 5mal pro Sekunde um die eigene Achse. Messungen zufolge kann die seitliche Kraft etwa der Gewichtskraft einer Tafel Schokolade entsprechen und zu einer Ablenkung um bis zu 10 m führen. Die gekrümmte Bahn des Balls überfordert (in den meisten Fällen) das menschliche Vorstellungs- und Reaktionsvermögen; auch Profis können bei Bällen mit Drall oft nicht vorhersagen, wo er letztendlich landet. Experimente von Psychologen zeigen, dass wahrscheinlich die menschliche Wahrnehmung nicht geschult genug ist, die Bewegung eines schnell rotierenden Balles richtig einzuschätzen. Hatte der Mensch es doch evolutionär nie mit solchen Ereignissen zu tun.

Tennis und Golf – unberechenbar durch Anschneiden

Auch beim Tennis (dort heißt das Anschneiden Topspin), Tischtennis und vielen anderen Ballsportarten nutzen Spieler das Phänomen aus. Goldbälle beispielsweise besitzen viele kleine Vertiefungen auf der Oberfläche, die Dimples, die nicht nur durch Reibung sondern auch durch zusätzliche Wirbel die am Ball mitgeführte, rotierende Luftschicht vergrößern. Erreichen lässt sich damit nicht nur eine Ablenkung des Balls von der geraden Flugbahn. Dreht sich der Ball in Flugrichtung, dann rollt er beim Aufschlagen auf die Erde noch ein ganzes Stück weiter. Gefürchtet sind im Baseball Spieler („pitcher“, die die Ballangabe haben), die es verstehen, durch geschickte Rotation des Balls besonders ungewöhnliche Flugbahnen zu produzieren. Ihre Bälle weichen nicht nur seitwärts aus, sondern brechen manchmal den Flug vorzeitig ab oder schlagen unvermittelt Haken.

Lust auf eigene Experimente?

In einem alten „Physikschinken“ (aus dem vorletzten Jahrhundert) fand die Autorin zwei interessante Freihandversuche ohne viel Brimborium:

Im ersten Versuch wird ein leichter Pappzylinder mit zwei seitlichen Pappscheiben stabilisiert. Nun rollt man eine Schnur über den Zylinder und befestigt die beiden Enden mit etwas Abstand an einem Balken. Wenn man nun den Zylinder nach unten abrollen lässt, kann man eine seitliche Auslenkung der Papprolle, bedingt durch den Magnus-Effekt bemerken. Die Autorin hat diesen Versuch mit dem Innenleben einer Küchenrolle und von Geschenkpapier ausprobiert… sehr überzeugend war es jedoch nicht. Auf jeden Fall sollte die Rolle dünn und leicht sein und der Faden lang und ebenfalls dünn, sonst gerät die Rolle leicht ins Drudeln.

Beim zweiten Versuch lässt man eine Kugel schräg in ein kleines (durchsichtiges!) Wasserbecken rollen. Die Bahn der Kugel ist unter Wasser – Auswirkung des Magnus-Effekts, hier jedoch in einer Flüssigkeit – deutlich nach hinten gekrümmt und erinnert an die Bananenflanken. Mit einer länglichen Blumenvase und einer schweren Kugel (Bällchen darf nicht schwimmen; Kugel einer Computermaus ist geeignet) hat die Autorin den Versuch durchgeführt. Sie ließ die Kugeln auf einem schmalen Brettchen unter verschiedenen Winkeln herabrollen. Der Effekt ist natürlich bei steiler Abfahrt (mehr Eigenrotation der Kugel) drastischer, aber wegen der Schnelligkeit nicht gut zu verfolgen. Passen Sie auf, dass die Kugel nicht ans Glas anstößt, ein Aquarium oder so was wäre geeigneter. Auf jeden Fall sehr überraschend!

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