Babys Interesse an der Unterscheidung

Die Wahrnehmung von gleichen Situationen. Entwicklungspsychologen erforschen, wie Babys die Welt betrachten, und entdecken, dass sie die übliche Generalisierung meiden.

Ein gewisses Maß an Generalisierung ist für jeden Menschen unerlässlich. Sonst hätten neue Situationen von uns jedes Mal einen neuen Anfang abverlangt. Stattdessen reagieren wir auf die ähnlichen Zustände mit dem zuvor erlernten Verhalten.

Man muss nicht in jedem Raum neu einstudieren, wie das Licht anzuschalten ist oder in einem Restaurant wie man aus einer anderen Tasse trinkt.

Diese Aussage trifft vor allem auf die Erwachsenen. Die Babys haben dagegen eher den Hang „Unterscheidungen zu treffen statt zu generalisieren“.

Verkabelte Beinchen und steile Schräge

Die Entwicklungspsychologin Carolyn Rovee-Collier hat zu Beginn eines Experimentes die Knöchel von Babys mit einem Mobile über der Wiege verbunden. Wenn die Babys strampelten, bewegte sich das Mobile. Die meisten Kleinkinder fanden darin gefallen und traten verstärkt mit dem „verkabelten“ Beinchen. Sie erinnerten sich auch Tage danach an den Trick und strampelten mit dem entsprechenden Bein, nachdem man ihnen das Mobile zeigte.

Die Änderungen der erlernten Situation überforderten jedoch die Babys. Sie wussten nichts mit dem Ding anzufangen, als man die Farbe des Spielzeugs, das an dem Mobile hing, wechselte oder die Wiege in ein anderes Zimmer schob.

Die gleiche Beobachtung machte die Entwicklungsforscherin Karen Adolph. Sie baute eine verstellbare schräge Ebene – ein Brett mit Teppich abgepolstert – und ließ Kleinkinder hinunterkrabbeln. Wenn der Neigungswinkel zu steil war, kullerten die Babys hinunter. Dies merkten sie sich nach mehreren Versuchen und wussten, welche Ebene sie bewältigen können.

Als diese Kinder dann laufen gelernt haben, schien ihnen das eintrainierte Verhalten bei dem gleichen Brett abhanden gekommen zu sein: Sie versuchten „hartnäckig dieselben Neigungen hinunterzumarschieren, die sie schon beim Krabbeln Hals über Kopf hatte purzeln lassen – mit demselben Ergebnis“.

Beide Experimente veranschaulichen das motorische Lernen. Auf diese Weise eignen sich Kinder physische Fertigkeiten an. „Der Mechanismus wird offenbar mit einer Standardeinstellung geliefert: der Abneigung gegen zu rasche Generalisierung“.

Mentale Konzepte

Eine Vermutung, dass abwechslungsreiche Erfahrungen den Weg zur Generalisierung ebnen, bildet nur einen Teil der Erklärung.

Weil sich zwei Situationen – streng genommen – nie in jeder Einzelheit gleichen, müssen Babys über eine „angeborene Ähnlichkeitsgliederung“ verfügen, die festlegt, ob „eine neue Situation als gleich (wie die vorhergegangene) oder als anders beurteilt“ wird.

„Durch Erfahrung können Babys lernen, dass dasselbe mentale Konzept auf zwei Situationen anwendbar ist, die in der angeborenen Ähnlichkeitsgliederung ursprünglich zwei verschiedene Positionen belegt hatten“.

Babys entwickeln vor allem ein mentales Konzept ihrer Beziehung zur Mutter und erwarten auf der Basis der Erfahrungen mit ihr, dass sie sich auf eine bestimmte Weise verhält. Sie generalisieren ihre Erwartungen jedoch nicht auf andere Menschen, auch wenn sie ähnlich wie Mutter aussehen.

Babys bringen mit auf die Welt ein außerordentliches Interesse an der Unterscheidung von Dingen und Personen und sammeln somit die unzähligen Informationen.

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