Chancen für nachwachsende Rohstoffe

In Leuna wird ein Chemisch-Biotechnologisches Prozesszentrum geplant.

Prozesse zur Herstellung von Grundstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen für die Chemische Industrie sollen hier zur Praxisreife gebracht werden.

Durch Stroh, Holz, Mikroalgen und viele andere nachwachsende Rohstoffe kann Erdöl ersetzt werden. Das Land Sachsen-Anhalt, der Bund und die Fraunhofer-Gesellschaft planen nun die Einrichtung eines Zentrums zur Erforschung der Nutzungsmöglichkeiten nachwachsender Rohstoffe in dem Chemiepark Leuna. Das Forschungszentrum soll es Unternehmen ermöglichen, chemisch-biotechnologische Verfahren aus dem Labor in die technische Anwendung zu portieren.

Das Erdöl aus chemischer Grundstoff

Erdöl und aus Erdöl gewonnene Produkte sind der Ausgangsstoff für viele chemische Produkte. Kunststoffe, Lacke, Waschmittel, Klebstoffe oder Kosmetik, fast alles basiert auf Erdöl. Weltweit arbeiten Chemieunternehmen allerdings auch daran, den immer knapper werdenden Rohstoff Erdöl durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen.

Schon seit langem und auch heute werden etliche chemische Produkte aus Biomasse hergestellt. Dazu bedarf es ausgeklügelter Verfahren. Viele Stoffe aus der Pflanzenwelt müssen beispielsweise durch Enzyme so verändert werden, dass sie sich für eine weitere Verarbeitung eignen. Dazu kommt die Forderung der Techniker nach Rohstoffen in konstanter Qualität und natürlich zu möglichst günstigen Preisen. Nur dann können ein Produkt und ein Verfahren im industriellen Maßstab als Rohstoffquelle in Frage.

Und dann gibt es noch eine weitere und noch lange nicht abgeschlossene Diskussion um die nachwachsenden Rohstoffe. Kurt lässt sich die mit dem Schlagwort „Tank oder Teller“ fassen. Es geht um die Konkurrenz um die landwirtschaftlichen Nutzflächen zwischen Nahrungsmittelproduktion und Erzeugung nachwachsender Rohstoffe.

Der Ansatz des Forschungszentrums in Leuna

Die Minister für Finanzen sowie Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn und Reiner Haseloff, sowie Marion Schick, Vorstand Personal und Recht der Fraunhofer-Gesellschaft, haben Anfang April 2009 in der Lutherstadt Wittenberg den Aufbau eines Chemisch-Biotechnologischen Prozesszentrums (CBP) angekündigt. Am Chemiestandort Leuna im mitteldeutschen Chemiedreieck sollen das CBP und eine Fraunhofer-Projektgruppe entstehen.

Dazu sage Minister Reiner Haseloff: „Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe in industriellen Dimensionen ist selbst für große Unternehmen ein erheblicher finanzieller und technologischer Kraftakt. Viele kleine und mittlere Unternehmen scheitern, obwohl sie im Labor bereits attraktive Produkte erfolgreich entwickelt haben. Mit der Schaffung des CBP unterstützen wir daher gezielt diesen kritischen Schritt auf dem Weg in die industrielle Anwendung innovativer Produkte und Verfahren unter Nutzung der industriellen Biotechnologie. Dadurch stärken wir nicht nur die regionale Kompetenz und schaffen die Grundlage für neue Arbeitplätze in der Region, sondern setzen auch ein Zeichen mit nationaler Signalwirkung.“

„Das neue Chemisch-Biotechnologische Prozesszentrum CBP schließt die Lücke zwischen Labor und industrieller Umsetzung“, erläutert Marion Schick. „Das Zentrum in Leuna soll allen Kooperationspartnern für Forschung und Entwicklung zur Verfügung stehen. Die neue Projektgruppe ist eng mit den Fraunhofer-Instituten vernetzt und kann auf die Kompetenzen der Fraunhofer-Kolleginnen und Kollegen zurückgreifen.“

An der Planung des Forschungszentrums sind Wissenschaftler der Fraunhofer-Institute für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik (IGB) und für Chemische Technologie (ICT) gemeinsam mit der Betreibergesellschaft InfraLeuna GmbH des Chemieparks Leuna beteiligt. Sie verfolgen ein sehr flexibles Konzept einer Bioraffinerie. Sie soll neue Möglichkeiten erschließen, um in Zukunft biologische Rohstoffe verarbeiten zu können und nach Bedarf Öle, Fette, Cellulose, stärke- oder zuckerhaltige Rohstoffe als Ausgangsstoffe für weitere chemische Produkte zu erzeugen.

„Als klassischer Chemiestandort sind unsere produzierenden Unternehmen bisher weitgehend von fossilen Rohstoffen abhängig. Mit regenerativen Rohstoffen können wir sowohl diese Abhängigkeit als auch CO2-Emmissionen weiter reduzieren. Das CBP ist ein wichtiger erster Schritt in diese Richtung“ sagt Andreas Hiltermann, Geschäftsführer der InfraLeuna GmbH, zu diesem Projekt.

Der Projektrahmen

Die Planer rechnen mit Gesamtkosten von rund 50 Millionen Euro und es werden in dem Forschungszentrum etwa 20 Arbeitsplätze entstehen. Der Finanzminister Jens Bullerjahn erklärte, dass es in der jetzigen Finanzkrise besonders notwendig sei, die zur Verfügung stehenden öffentlichen Mittel strategisch so einzusetzen, dass zukunftsfähige Strukturen weiter gefördert und gefestigt werden. „Das CBP verbindet nachhaltige Rohstoffnutzung, moderne Biotechnologie und Chemie. Damit gehört es zu den Vorhaben, die den Standort Leuna und damit den mitteldeutschen Raum strukturell weiter voranbringen“, so der Minister.

23 Unternehmen und 15 Universitäten und Forschungseinrichtungen wollen sich beteiligen, Das Ziel ist es, Prozesse vom Rohstoff über den Katalysator und der Skalierung der Verfahren bis zum gewünschten Produkt bis zur Nutzbarkeit im industriellen Maßstab zu entwickeln. „Wir möchten nun die im Labor entwickelten Verfahren und Prozesse in Größenordungen testen, die für die Industrie relevant sind. Dazu benötigen wir die Infrastruktur und Anlagen“, erklärt Professor Thomas Hirth.

Sobald der Senat der Fraunhofer-Gesellschaft und der Bund-Länder-Ausschuss zugestimmt haben, kann die Forschungsarbeit losgehen.

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