Die Bipolare Erkrankung

Wenn die Gefühle verrückt spielen. Höhen- und Sturzflüge zwischen Manie und Depression: Die bipolare (manisch-depressive) Erkrankung, eine missverstandene und weithin unterschätzte Erkrankung der Seele.

Die bipolare Erkrankung (früher auch „manisch-depressive Störung“ genannt) ist schon seit Jahrhunderten als psychische Krankheit bekannt und beschrieben. Etwa jeder Hundertste ist von der bipolaren Störung betroffen. Dennoch ist sie relativ wenig erforscht und wird selbst von Fachärzten häufig nicht erkannt oder falsch diagnostiziert.

Gekennzeichnet ist der Krankheitsverlauf durch den ständigen Wechsel zwischen manischen und depressiven Episoden, die manchmal nur wenige Stunden (bei sogenannten „Rapid-Cyclern“), zumeist aber Wochen oder sogar mehrere Monate andauern. Dazwischen liegen immer wieder auch stabile Phasen, in denen keine Symptome wahrnehmbar sind.

Die Manie – der Höhenflug der Gefühle…

In der Manie tritt eine extrem gehobene, bisweilen auch gereizte Stimmung auf. Rastlos drängt es die Betroffenen zu immer neuen Aktivitäten. Das Schlafbedürfnis ist stark gemindert und beschränkt sich auf wenige Stunden pro Nacht. Leistungsfähigkeit und Kreativität scheinen keine Grenzen zu kennen. Neue Ideen rasen nur so durch den Kopf, die Gedanken sind getrieben, der Mensch hat einen ungeheuren Rededrang, unkoordiniert und mit häufigen Themenwechseln. Völlige Distanzlosigkeit, das Fehlen jeglichen Taktgefühls und eine irrationale Selbstüberschätzung sind auffällige Zeichen einer Manie. Soziale Hemmungen gehen wie in einem Rauschzustand verloren. Es kommt zu promiskuitivem Verhalten und einem sorglosen Umgang mit Geld und Rauschmitteln aller Art. Manische Phasen können schnell Ehen, Familienbeziehungen, Partnerschaften, Freundschaften und jegliche Form sozialer Bindungen zerstören. Für die Betroffenen und die näheren Angehörigen sind die Auswirkungen oft sogar existenzbedrohlich. In extremen Fällen kommt es zu psychotischen Symptomen wie Halluzinationen, Wahrnehmungsstörungen und Größenwahn.

…und der zwangsläufig folgende Absturz in die Depression

Je extremer der Höhenflug während der Manie desto tiefer der oft auf dem Fuß folgende Sturzflug in die Depression. Schwermütig und freudlos gestaltet sich in depressiven Phasen der Alltag. Es fehlt jeder Lebensmut und jegliche Fähigkeit zur Begeisterung. Ängste und Hemmungen beeinträchtigen das Dasein. Antriebslosigkeit, Apathie, Schuldgefühle und Lebensüberdruss machen jeden Tagesplan zu einer schier unüberwindbaren Hürde. Zum in der Depression vorherrschenden Schwermut kommt noch die bittere Erkenntnis über all das in der Manie „zerbrochene Porzellan“, verbunden mit den entsprechenden Schuldgefühlen. In solchen Phasen besteht eine extrem hohe Suizidgefahr; die Selbstmordrate liegt bei erschreckenden 15 – 20 %.

Selbst von Fachärzten nicht immer erkannt

Die bipolare Erkrankung ist mithin eine der schwersten psychischen Krankheiten. Da überrascht es, dass selbst Fachärzte die Symptomatik oft nicht korrekt in eine gesicherte Diagnose überzuführen vermögen. So werden manchmal nur die depressiven Phasen behandelt, da sich der Patient während manischer Episoden ja überaus gut, kerngesund und unbegrenzt leistungsfähig fühlt. Die Manien hingegen werden oft, gerade im Jugendalter, als „Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS)“ eingestuft und in der Folge ebenso falsch therapiert. Durchschnittlich dauert es heute sechs bis zehn lange Jahre, bis Betroffene einen korrekten fachärztlichen Befund erhalten.

Die Erkrankung ist zum gegenwärtigen Wissensstand nicht heilbar. Aber wenn sie denn erkannt wurde, ist sie sehr erfolgreich zu therapieren: Eine Kombination aus relativ gut verträglichen Medikamenten, die die Stimmungslage stabilisieren und einer psychotherapeutischen Begleitung, die eine konstruktive Auseinandersetzung mit der Erkrankung ermöglicht, kann den meisten Betroffenen zu einem „ganz normalen Leben“ verhelfen.

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