Emos und Borderline

Nicht jeder Emo ritzt sich oder ist Borderliner. Und auch nicht jeder Borderliner ist ein Emo oder ritzt sich. Ein aufklärender Artikel über die Emo-Szene.

Schwarze Kleidung, stark schwarz umrandete Augen, exzentrische Frisur – sieht man solche Menschen auf der Straße, wünschen sich viele, ihnen nicht im Dunkeln zu begegnen. Sie erscheinen auf den ersten Blick etwas unheimlich und man kann sie als Laie nicht gleich in eine Szene einordnen. Gothics, Satanisten – viele Gruppen bevorzugen einen schwarzen, teilweise eigenartigen Kleidungsstil und sind stark geschminkt. Emos werden häufig als die weichen Typen statt harter Kerle bezeichnet. „Das sind die, die sich ritzen und Trauermusik hören“. Wer sind die Emos und was haben sie mit potenziellen Symptomen der Borderline-Persönlichkeitsstörung zu tun?

Was ist Emo?

Ursprünglich war Emo eine Musikrichtung, welche sich aus dem Hardcore-Punk entwickelte. In dieser Musik werden vor allem tiefe negative Gefühle, wie Trauer und Verzweiflung verarbeitet. Zudem sind die Texte sozial- und gesellschaftskritisch gewesen. In den letzten Jahren hat sich aus dieser Strömung eine Jugendszene gebildet, welche einen internen dress-code (meist schwarze Kleidung, extremer Schmink- und Frisurenstil) verfolgt. Anhänger der Emo-Strömung sind zumeist Teenager, welche ihren Gefühlen freien Lauf lassen beziehungsweise diese ausleben. Daher auch der Begriff „Emo“, der sich von Emotionen ableitet. Die Jugendlichen geben nach außen, anhand ihrer Kleidung und ihres Verhaltens, offen zu, dass sie introvertiert, gefühlvoll und melancholisch sind. Dass jede Person, die sich als Emo outet, sich ritzt, ist ein Vorurteil der unwissenden Gesellschaft. Es gibt einige, das wird nicht bestritten, jedoch tun es nicht alle.

Emos und Ritzen

Viele Jugendliche in Deutschland sind krank, leiden unter Depressionen, Borderline-Persönlichkeitsstörungen oder anderen Erkrankungen, sodass sie zur Rasierklinge greifen und sich die Arme und/oder Beine aufritzen. Andere üben diese Art der Selbstverletzung anders aus, verletzen sich, ihre Haut und Knochen mit anderen Gegenständen oder begeben sich absichtlich in gefährliche Situationen. Andere greifen beispielsweise zur Rasierklinge um Mutproben zu bestehen, um „dazu zugehören“, um vielleicht auch ein unter Jugendlichen verbreiteten Modetrend mitzumachen und um Aufmerksamkeit zu erhalten. Die Ausübung der Selbstverletzung (Autoaggression), depressive Texte und Äußerungen unterstützten, dass in der Emo-Szene ein Borderline-ähnliches Bild vermittelt wurde. In der Gesellschaft werden die Betroffenen eher belächelt oder verachtet und auch die Medien interpretieren dieses Bild unterschiedlich.

Pauschal kann nicht gesagt werden, dass jede Person, die sich zur Emo-Szene bekennt, unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leidet. Viele folgen diesem Phänomen, ohne jedoch ernsthaft gefährdet zu sein, sodass sie sich nach der Pubertät wohl von diesem Stil distanzieren. Andere hingegen sind ernsthaft in einer persönlichen Krise, leiden unter einer Persönlichkeitsstörung oder anderen psychischen Erkrankungen und nutzen den Weg der Selbstverletzung, um ihre seelischen Qualen durch die körperlichen Schmerzen zu lindern. Doch wer kann schon über eine Person sagen, ob diese ernsthaft krank ist oder nur einem Trend folgt? Oftmals sind auch Eltern, Geschwister und enge Bekannte der betroffenen Person fremd geworden, sodass oftmals kein vertraulicher Zugang besteht. Von daher ist jede Form und Art, Häufigkeit und Intensität einer Selbstverletzung als Hilfeschrei aufzunehmen. Egal, ob die Person einen bestimmten dress-code verfolgt oder „normal“ erscheint. Egal, ob die betroffene Person ernsthafte Erkrankungen aufweist oder einem Modetrend folgt. Selbstverletzung ist immer ein Alarmsignal eines inneren Problems des Betroffenen, auch wenn dieser meint, es sei nichts außer einem Trend.

Warum der Hass auf Emos?

Viele Emo-Anhänger berichten davon, dass sie aufgrund ihrer Einstellung gemobbt, diskriminiert und sogar geschlagen werden. „Man mag uns nicht, weil wir nicht die harten Prügelknaben oder die trinkenden Mädchenaufreißer sind“, so ein Emo-Bekenner. Doch warum werden die Szene und deren Anhänger von allen anderen bestehenden Szenen wie Punks, Gothics und Co so abgelehnt, belächelt und diskriminiert? „Sie haben uns unsere Musik und unseren Stil geklaut“, werfen einige Anhänger anderer Subkulturen wie Punks und Gothics den Emos vor. Wenn man dies näher beleuchtet, versteht man die verärgerten Szenen vielleicht sogar: Die Emo-Musik hat ihren Ursprung in der Hardcore-Szene, Vans und Chucks wurden ursprünglich ausschließlich von Skatern getragen und die düstere Schminke und die depressiven Texte sind den Gothics zuzuordnen. Ist die Emo-Bewegung dementsprechend eine Mischung aus allen anderen Szenen, eine Art Hybridkultur? Auch wenn manche Merkmale mit anderen Szenen übereinstimmen, so haben doch alle Szenen und Subkulturen eines gemeinsam – es ist der Versuch einer Selbstfindung, die Suche nach Anerkennung und vor allem nach Liebe.

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