Gezeitenströmungskraftwerke – Eine neuer Typ Gezeitenkraftwerk

Gezeitenströmungskraftwerke im Tidestrom nutzen die durch die Gezeiten ausgelösten Strömungen in küstennahen Gewässern.

Die Gezeiten in den Meeren haben als Energiequelle einen Vorteil: Ebbe und Flut sind beständige Größen. Dagegen sind die anderen erneuerbaren Energiequellen Windkraft, Solarstrom oder Solarwärme vom Wetter abhängig. Die Gezeitenströmung ist beständiger und außergewöhnliche Verhältnisse wie Sturmfluten oder sehr niedrig auflaufende Flut spielen für ein Gezeitenströmungskraftwerk nur eine kleine Rolle.

Gezeitenströmungskraftwerke sind mit Windenergieanlagen vergleichbar. Der Unterschied ist das Strömungsmedium.

Arbeitsprinzip

Meeresströmungskraftwerke oder Gezeitenströmungskraftwerke arbeiten in Wasserströmungen mit Geschwindigkeiten ab 2 bis 2,5 Meter pro Sekunde oder ungefähr 8 km/h. Bei einem Rotordurchmesser von 20 Meter kann eine solche Unterwasserturbine eine Leistung von etwa 1 Megawatt (MW) erbringen.

Zum Vergleich: für Windenergieanlagen ist eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 4 bis 5 Meter pro Sekunde oder 14 bis 18 km/h nötig. Bei einer Leistung von 1 MW muss der Rotor einen Durchmesser von 55 Meter haben.

Das Prototypprojekt Seaflow

Dieses Konzept verfolgt unter anderem das deutsch-britische Projekt „Seaflow“. Die Pilotanlage steht vor der Küste Cornwalls und ging 2003 in Betrieb.

Die Anlage von Seaflow hat sehr viel Ähnlichkeit mit einer Windkraftanlage. Ein stabiler Mast wurde im Meeresboden gegründet. Er ragt einige Meter aus dem Wasser heraus und trägt an der Spitze eine Arbeitsplattform. Der Rotor mit dem Generator ist an diesem Mast beweglich angebracht. Er kann zu Wartungsarbeiten bis an die Arbeitsplattform heraufgezogen werden. Im Betrieb befindet sich die Rotorachse in einer Wassertiefe von rund 30 Meter.

Die Anpassung an die Strömungsrichtung ist allerdings anders als bei Windkraftanlagen. Es wird nicht der Rotor gedreht, sondern die Rotorblätter werden entsprechend der Strömungsrichtung so eingestellt, dass der Rotor immer dieselbe Drehrichtung hat. Mit dieser Verstellung kann auch die Drehzahl des Rotors geregelt werden. Die beträgt bei dem Seaflowprojekt 15 Umdrehungen/Minute und wird durch die Anlagenregelung möglichst konstant gehalten. Die Rotorblätter sind 5 Meter lang. Es wird eine elektrische Leistung von 300 kW erreicht.

Das geplante Gezeitenströmungskraftwerk von e.on

Das derzeit von e.on vorbereitete Projekt eines Gezeitenströmungskraftwerkes hat eine deutlich andere Konstruktion der Einheit von Turbine und Generator. In einem Rahmen ist ein Rohr montiert, das sich von der Mitte her nach beiden Seiten erweitert. In der Mitte befindet sich der Rotor der Turbine. Auch er hat verstellbare Propeller zur Steuerung der Drehzahl und der Drehrichtung.

An einem Standort vor der englischen Küste ist ein erstes Gezeitenkraftwerk mit einer Leistung von 8 MW geplant. Als Fertigstellungstermin wird das Jahr 2010 angestrebt. Im ersten Schritt wird eine Testturbine im Jahr 2008 installiert.

Die Turbineneinheiten sind etwa 15 Meter lang und stehen auf 10 Meter hohen Standbeinen. Ihr Eigengewicht hält sie am Meeresboden in einer Tiefe von rund 50 Meter. Das Turbinenrad wird sich mit 21 Umdrehungen/Minute drehen.

Gegenüber einer Anlage nach dem Vorbild des Seaflow-Projektes ist der bauliche Aufwand geringer, weil auf die komplizierte und teuer Gründung eines Trägermastes verzichtet wird. Die Turbinen stehen auf 10 Meter langen Standbeinen und fixieren sich durch ihr Eigengewicht am Meeresboden. Außerdem ist kein Teil oberhalb der Wasserlinie, die Schifffahrt in dem Kraftwerksareal ist weiter ohne Einschränkungen und Kollisionsgefahr möglich.

Vor- und Nachteile

Gegenüber klassischen Gezeitenkraftwerken, die den Tidenhub zwischen Ebbe und Flut ausnutzen, haben Gezeitenströmungskraftwerke einen entscheidenden Vorteil: sie können fast ohne Unterbrechung Strom erzeugen. Nur für die kurze Zeit, in der die Strömung ihre Richtung ändert, steht die Turbine kurze Zeit still.

Klassische Gezeitenkraftwerke benötigen einen Tidenhub von wenigstens fünf Metern. Deshalb gibt es für diese Gezeitenkraftwerke nur wenige geeignete Standorte. Die Gezeitenströmungskraftwerke sind nicht so Anspruchsvoll. Allein in Europa gibt es nach Angaben der Deutschen Energieagentur dena 106 mögliche Standorte.

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