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Helfen Omega-3-Fettsäuren nach Herzinfarkt oder Schlaganfall?

SU.FOL.OM3-Studie: Nahrungsergänzungsmittel aus Fischölen mit den Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA zeigen keine Wirkung nach Herzinfarkt und Schlaganfall.

Der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer unkte schon mal, dass die von der Werbung versprochenen Wundereffekte der Omega-3-Fettsäuren aus Fischölen wohl auch gegen den „bösen Blick“ helfen; nun werfen namhafte Vertreter der Nahrungsmittel- und Pharmaindustrie einen traurigen Blick auf die Ergebnisse der SU.FOL.OM3-Studie: Die Nahrungsergänzung mit den Omega-3-Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA) zeigte keine Schutzwirkung bei Patienten nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall. „Der Gebrauch von Nahrungsergänzungsmitteln zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse kann daher weiterhin nicht empfohlen werden – und darf erst recht keine bewährten Therapien ersetzen“, resümiert Professor Dr. med. Hans-Christoph Diener am 17. Januar 2011 – Prof. Diener ist Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Duisburg-Essen.

2.501 Patienten nahmen nach Herzinfarkt und Schlaganfall oder mit Angina an der Studie teil

SU.FOL.OM3 steht für „Supplémentation en Folates et Omega-3“, 2.501 Frauen und Männer aus ganz Frankreich nahmen an der Studie teil, an der so genannten Multicenter-Studie beteiligten sich in einem Netzwerk 417 Kardiologen, Neurologen und andere Ärzte: 1150 Patienten der SU.FOL.OM3-Studie hatten einen Herzinfarkt erlitten, 638 Studienteilnehmer hatten schon einen Schlaganfall hinter sich, bei weiteren 713 Patienten diagnostizierten die Ärzte eine instabile Angina pectoris (Herzschmerzen). Die Studienteilnehmer waren zwischen 45 und 80 Jahre alt, das Durchschnittsalter der Frauen lag bei 63 Jahren, das Durchschnittsalter der Männer lag bei 61 Jahren. Etwa 3 Monate nach ihrer Erkrankung begannen die Patienten mit der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und Placebos.

2.501 Franzosen schwelgten fünf Jahre als Gelatinekapsel-Gourmets

Zur placebo-kontrollierten Studie wurden die Patienten in vier Gruppen aufgeteilt: Über einen Zeitraum von knapp fünf Jahren nahmen die Studienteilnehmer zweimal täglich entweder nur Gelatinekapseln mit Omega-3-Fettsäuren (600 Milligramm (mg) EPA und DHA im Verhältnis 2:1), oder nur Gelatinekapseln mit B-Vitaminen (Vitamin B6, B12 und die Folsäure 5-Methyltetrahydrofolat), oder nur Kapseln mit B-Vitaminen und Omega-3-Fettsäuren, oder Placebos (Scheinmedikament) zur Kontrolle.

Nach Herzinfarkt oder Schlaganfall wirken Omega-3-Fettsäuren nicht besser als Placebos

Enttäuschend waren die Studienresultate, die Pilar Galan von der Université Paris und sein Mediziner-Team den Studien-Sponsoren vorlegte: Seine Gesundheit mit Nahrungsergänzungsmitteln zu stärken ist ein weit verbreiteter Glaube, welcher aber auch nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht weiter hilft. Kein Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren oder B-Vitaminen verringerte in den drei Studiengruppen die Gesamtzahl schwerer kardiovaskulärer Ereignisse gegenüber der Studiengruppe mit dem Scheinmedikament. Im direkten Vergleich zwischen Omega-3-Fettsäuren und Placebo erlitten 81 gegenüber 76 Patienten ein schwerwiegendes vaskuläres Ereignis.

In Studien liefern Omega-3-Fettsäuren immer wieder widersprüchliche Ergebnisse

„Die Studienergebnisse unterstützen nicht den routinemäßigen Gebrauch dieser Nahrungsergänzungsmittel zur Prävention von Herzkreislauferkrankungen“, schreibt das Autorenteam in der renommierten Medizin-Zeitschrift British Medical Journal, zumindest wenn die Omega-3-Fettsäuren erst nach der akuten Phase der initialen kardiovaskulären Erkrankung begonnen wird. Seit über einem Jahrzehnt berichten Wissenschaftler immer wieder, dass man seltener einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erleidet, wenn man mehr mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA: Poly-Unsaturated Fatty Acids) zu sich nimmt – jedoch lieferten Untersuchungen mit Omega-3-Fettsäuren immer wieder widersprüchliche Ergebnisse. Ein recht eindeutiges Ergebnis zeigt dagegen die neue EPIC-Herz-Studie: Eine abwechslungsreiche Diät mit Obst und Gemüse reduziert die Todesfälle durch Herzinfarkt oder Schlaganfall um bis zu 22 Prozent.

Die Blutwerte mit Omega-3-Fettsäuren stiegen um 37 Prozent

Auch in der aktuellen SU.FOL.OM3-Studie verbesserten sich die Blutwerte der Probanden durch die Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren: Gegenüber der Placebogruppe stieg der Blutplasmaspiegel an Omega-3-Fettsäuren um 37 Prozent, doch eine Wirkung der Fettsäuren blieb aus. Trotzdem stellt Prof. Diener fest: „Um die Versorgung weiter zu verbessern und die Sterblichkeit durch Herzinfarkt und Schlaganfall weiter zu senken, bleiben sorgfältig geplante, große klinische Studien trotz ihrer hohen Kosten auch in Zukunft unverzichtbar.“