Intelligente Textilien denken mit

Intelligente Textilien -‚Smart Textiles‘ – kombinieren Funktionsfasern mit Elektronik und Mikrotechnologie. So überwacht ein neu entwickelter Babybody Körperfunktionen.

Die Tastatur steckt im Jackenärmel, der Lautsprecher im Kragen: ‚Wearable Electronics‘ mit eingebautem Handy oder MP3-Player gibt es schon lange. Für Professor Dr. Heinrich Planck vom ITV, dem Denkendorfer Institut für Textil- und Verfahrenstechnik, sind solche ‚Taschenlösungen‘ „keine hohe Kunst.“ Den Wissenschaftler interessieren andere Dinge: Kleidungsstücke mit integrierten Funktionen, die der Sicherheit, der Gesundheit, der Medizin dienen.

Babybody überwacht gefährdete Säuglinge

Ein Beispiel ist der Babybody, den das ITV entwickelt hat. Der Strampler misst mit integrierten Sensoren Herzschlag, Atmung, Körpertemperatur und Körperfeuchtigkeit und überträgt die Werte auf einen Computer, der bei Abweichungen Alarm auslöst. Damit können Frühgeborene oder Kinder mit erhöhtem Risiko für den plötzlichen Säuglingstod überwacht werden. Bisher müssen sie zu diesem Zweck Elektroden und Befestigungsgurte tragen, die die Bewegungsfreiheit einschränken und immer wieder Fehlalarm geben. Die Handhabung des Babybody ist wesentlich einfacher und störungsfreier, wie die Versuchsphase in einer Neugeborenenstation in der Universität Tübingen zeigte: „Die sind dort ganz scharf darauf, das Ding zu kriegen“, sagt Planck zufrieden. Zurzeit wird die zweite Serie des Babybodys hergestellt, die später in Produktion gehen soll.

Berufsfahrer, Feuerwehrleute oder alte Menschen als Zielgruppe

Und das ist nur der Anfang. Unterhemden mit Sensoren wären für die Altenpflege interessant, quasi ein direkt auf der Haut getragener Hausnotruf. Schwer kranke Patienten könnten über Kleidung und eine Schnittstelle mit ihrem Arzt verbunden, Feuerwehrleute während des Einsatzes vom Kommandant kontrolliert und rechtzeitig abgelöst werden. Auch für LKW-Fahrer, Busfahrer, Piloten wäre Spezialkleidung denkbar: Ein Fahrer, der in Sekundenschlaf fällt, wird aufgeweckt, notfalls „fährt das Fahrzeug rechts ran und hält“, sagt Planck. Traumtänzerei sei das nicht: „Das kommt mit Sicherheit, das wird in 20Jahren Routine sein.“

Die Natur als Vorbild

Theoretisch möglich ist aus Sicht des Forschers fast alles, „man sollte bloß nicht die Physik auf den Kopf stellen!“ Das tut im Institut niemand, im Gegenteil. Die Natur ist ein großer und genialer Ideenpool. Nach dem Vorbild der Lotosblüte hat das ITV selbstreinigende Textilien entwickelt. Die Wasserjagdspinne und die Grundwanze dienten als Modell für Badekleidung, die trocken hält. Das Eisbärfell inspirierte zu hocheffektiven Wärmedämmstoffen, die Nachbildung von Pflanzenhalmen ermöglicht besonders stabile Leichtbauweise. Was die Übertragungen aus der Natur angeht „sind wir in Deutschland im Bereich Textil führend“, sagt Planck.

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