LM 50.000: Die vergessene Potenz

Worin sich die LM- oder Q-Potenz von Hochpotenzen unterscheidet. Die in seinen letzten Lebensjahren von Samuel Hahnemann entwickelten LM-Potenzen der Homöopathie haben gegenüber anderen Hochpotenzen deutliche Vorteile.

Die LM-Potenzen wurden von Samuel Hahnemann (1755 – 1843) in seinen letzten Lebensjahren entwickelt. In die homöopathische Therapie haben sie jedoch erst spät Eingang gefunden, da die 6. Auflage des von ihm verfassten Organon um 80 Jahre verspätet veröffentlicht wurde. Familiäre Streitigkeiten und andere widrige Umstände hatten diese Neuauflage verhindert, an der Hahnemann noch selbst gearbeitet hatte und die bereits 1842 druckreif vorgelegen hätte. Und obwohl Samuel Hahnemann selbst in den letzten Jahren seines Lebens fast ausschließlich LM-Potenzen nutzte, wurden sie erst in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts wieder entdeckt.

Die 50.000er Potenz

Wie Hahnemann im Organon selbst schreibt, gehören die LM-Potenzen noch zu den Hochpotenzen. Sie werden im Verhältnis 1: 50 000 verdünnt, weshalb sie kurz als 50.000er Potenzen bezeichnet werden (L= 50, M = 1000). Verschiedene Autoren sprechen auch von Q-Potenzen (lat. Quinquaginta mille = 50.000). LM-Potenzen gibt es in 30 Potenzstufen, wobei die I die niedrigste Verdünnungsstufe darstellt.

Im Vergleich zu den D- oder C-Potenzen weisen die LM-Potenzen einige Vorzüge auf. Sie zeigen im Allgemeinen keine Erstverschlimmerungen, können beliebig oft verabreicht werden und wirken meist besonders schnell. LM-Potenzen können sowohl bei akuten als auch bei chronischen Krankheiten gegeben werden.

Die Gabe der LM-Potenz

Beim Einsatz von LM-Potenzen hat selbst Hahnemann variiert, der sonst sehr rigoros in seinen Einnahmeempfehlungen war. Als Einstiegsprinzip gilt jedoch: 1 Globulus der gewählten LM-Potenz wird in etwa 150 ml Wasser mit Zusatz von etwas Weingeist gelöst. Diese Lösung ist die Stammlösung, die vor jeder Einnahme 10 Mal geschüttelt wird. Auf diese Weise entspricht jede Gabe einem höheren Potenzstadium und unterscheidet sich merklich von der vorhergehenden. Der Patient muss in diese „Schüttelpraxis“ miteinbezogen werden, damit vermieden wird, dass „ganz dieselbe unabgeänderte Gabe Arznei, selbst nur einmal, geschweige denn, viele Male nacheinander“ verabreicht wird. Laut Hahnemann nimmt „das Lebensprinzip solche ganz gleichen Gaben nicht ohne Widerspruch an.“

Nachdem die Stammlösung geschüttelt wurde, wird ein Esslöffel davon in ein Trinkglas gegeben und gut umgerührt. Davon nimmt der Patient nur einen Teelöffel voll und schüttet den Rest der Lösung weg. Bei der nächsten Einnahme wiederholt sich die Prozedur: 10 Mal schütteln, 1 EL in Wasser, davon ein Teelöffel, den Rest wegschütten.

Nach dieser Grundmethode wird fortlaufend eingenommen, auch wenn eine deutliche Besserung eingetreten ist. Das ist das neue an den LM-Potenzen, denn bei allen anderen Hochpotenzen wurde die Medikation unterbrochen, sobald es dem Patienten besser ging.

Kasuistik 1

Heilpraktikerin Christine Buschhaus arbeitet in ihrer Karlsruher Praxis oft mit LM-Potenzen, insbesondere, wenn andere Hochpotenzen nicht richtig gegriffen haben. Else M. beispielsweise war 68 Jahre alt, als sie zum ersten Mal in die Praxis kam. Sie litt unter einer ausgeprägten Mundtrockenheit, die dazu führte, dass sie zwanghaft Luft kaute und schluckte. Dazu kamen sowohl innere Unruhezustände als auch depressive Verstimmungen, Energiemangel und Lustlosigkeit. Obwohl sie ständig müde war, konnte sie nicht durchschlafen, lag nachts wach und grübelte. Früher hatte Else M. an einer Gesichtsneuralgie mit heftigen rechtsseitigen Schmerzen gelitten, die aber mit der Menopause verschwunden war.

Christine Buschhaus gab Else M. drei Globuli Lycopodium C 200. Ihre Symptome verschlimmerten sich in den ersten Tagen und die Patientin litt unter vermehrtem Herzklopfen, konnte kaum schlucken und auch nur wenig schlafen. Nach dieser Erstverschlimmerungsphase ging es ihr richtig gut. Ihre Symptome verschwanden jedoch nur für eine Woche und danach war der Zustand wieder wie vorher. Nur ihre durch die C-Potenz wieder gewonnene Energie war Else M. geblieben.

Antidot Kaffee

Auf Befragen gab die Patientin zu, dass sie täglich morgens eine Tasse Kaffee getrunken hatte, die vermutlich die Wirkung der C-Potenz vermindert hatte. Um der alten Dame ihr morgendliches Vergnügen nicht verbieten zu müssen, wich die Heilpraktikerin auf eine LM-Potenz aus und gab ihr zunächst täglich Lycopodium LM 3. Nach einem Monat erhöhte sie auf LM 4, ging dann zu LM 5 über und verschrieb nach einem weiteren Monat LM 6. Innerhalb kürzester Zeit fühlte sich die Patientin voller Energie, ihre Mundtrockenheit war vollkommen verschwunden und auch ihre anderen Beschwerden zeigten sich deutlich gebessert.

Dieses Beispiel zeigt, wie eine LM-Potenz den Einfluss von Antidoten umgehen kann, was eine ihrer großen Vorzüge ist. Auch erfüllt sie oft den unterschwelligen Wunsch der Patienten „dauerhaft“ behandelt und nicht mit einer einzigen Dosis mysteriösen Inhalts „abgespeist“ zu werden. Und nicht zuletzt geben LM-Potenzen kleine, sanfte, aber beständige Impulse, die den Patienten stimulieren, aber nicht umwerfen. Das zeigt auch der nächste Fallbericht.

Kasuistik 2

Barbara H. war 42 Jahre alt, als sie in die Praxis kam und wünschte sich nichts sehnlicher als „einmal einen ganzen Monat lang gesund“ zu sein. Sie war immer kränklich gewesen, nahm jeden Infekt mit, fühlte sich erschöpft, litt an Schwindelanfällen, Herzrasen, niedrigem Blutdruck, Angstattacken und Magenbeschwerden. Vor Jahren hatte sie einen Hörsturz, der sich noch immer mit gelegentlichen Ohrgeräuschen bemerkbar machte. Den größten Anteil ihrer Krankengeschichte nahmen jedoch die Unterleibsbeschwerden ein: sie entwickelte im Laufe ihres Lebens etliche Eierstockzysten, die teilweise groß wie Billardkugeln waren und musste mehrfach operiert werden. Als Teenager stand sie eine schwere Eileiterentzündung durch, erlitt als junge Erwachsene eine Fehlgeburt, konnte aber trotz einer vermeintlichen „Unfruchtbarkeit“ einen Sohn gebären. Kurz danach infizierte sie sich mit Gonorrhöe, litt später an einer Chlamydieninfektion, zeigte aber auch Beschwerden an HWS und LWS.

Der Schlüssel: Die doppelte Niere

In der homöopathischen Betrachtungsweise sind all diese Erkrankungen miteinander verwoben. Die Schwierigkeit liegt darin, herauszufinden, an welchem Faden als erstes gezogen werden soll, um den möglichst besten Impuls für eine schnelle Heilung zu geben. Im Fall von Barbara H. war die Information hilfreich, dass ihre linke Niere doppelt angelegt war. Diese Vielzahl von sykotischen Zeichen, mit denen sie ja teilweise bereits zur Welt kam, veranlasste die Heilpraktikerin, Medorrhinum in der LM-Potenz 18 zu geben. Bereits nach drei Tagen berichtete sie: „Etwas ist anders, aber man kann es nicht beschreiben.“

Barbara H.’s Gesundheitszustand verbesserte sich zusehends, ihre Infektanfälligkeit nahm deutlich ab und sie hat seit der Behandlung keine Unterleibs- oder Rückenbeschwerden mehr. Ihr Wunsch, einmal einen Monat gesund zu sein, wurde mehr als erfüllt.

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