Schüßler Salz Nr. 3: Hilft Ferrum phosphoricum gegen Infektionen?

Apotheker empfehlen Ferrum phosphoricum (Eisen-(II)-phosphat) gegen Erkältungen und Infektionen. Können Eisen-Präparate sogar das Infektionsrisiko steigern?

„Marmor, Stein und Eisen bricht“, aber mein täglicher Bedarf am essentiellen Spurenelement Eisen erlöscht nicht: Menschen, Tiere und Pflanzen, selbst eisenharte Malaria-Parasiten benötigen den Mineralstoff Eisen. Menschen mit Eisen-Mangel leiden zum Beispiel an Blutarmut, bei Pflanzen mit Eisen-Mangel vergilben die Blätter durch die Chlorose. Für Mensch und Tier spielt Eisen eine zentrale Rolle bei den verschiedensten Stoffwechsel-Reaktionen. In der Häm-Gruppe des Hämoglobins unserer roten Blutkörperchen transportiert ein Eisen-Zentralatom den Sauerstoff, bei der Infektionsabwehr des angeborenen Immunsystems gegen Bakterien und Viren beeinflusst Eisen das Verhalten verschiedener Immunzellen – hier greift zum Beispiel das Peptidhormon Hepcidin nach der Aktivierung von Toll-Like-Rezeptoren regulierend ein.

Apotheker empfehlen Ferrum phosphoricum gegen Infektionen

Laut Berufsordnung des Apothekerkammergesetzes in Österreich können Apotheker als „Kolumnenautor“ „in jedem Medium“ auftreten. Die „Zielsetzung“ ist hierbei „der Ausbau des menschlichen und wissenschaftlichen Ansehens des Apothekers“. Den Ausbau des Apotheker-Ansehens erkennt man als Kunde zweifelsohne im Leuchtturm der wissenschaftlichen Pharmazie – im Gesundheitsmagazin „Die Apotheke“. Im Artikel „Eisenphosphat für den Notfall“ beschreibt dort eine Apothekerin als Mineralstoff-Expertin das Schüßler Salz Nr. 3 Ferrum phosphoricum „als das Hauptmittel zur Vorbeugung von Erkältungen und Infektionen“.

Eisen-Präparate können das Infektionsrisiko steigern

Schon 2004 wies das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) darauf hin, „dass zwischen hoher Eisenzufuhr bzw. über eine Erhöhung der Eisendepots und bestimmten Erkrankungsrisiken eine Assoziation bestehen könnte“ – der essentielle Mikronährstoff Eisen ist bekanntlich ein „zweischneidiges Schwert“. So fördern Eisen-Präparate in klinischen Studien das Risiko für Brucellose und Malaria-Infektionen, bei Tuberkulose steigen nach Eisen-Gabe die Morbidität (Krankheitshäufigkeit) und Mortalität (Sterberate). Eine Eisen-Überladung steht vermutlich auch in Zusammenhang mit der Empfindlichkeit gegenüber Yersinia enterocolitica (Yersiniose). Nimmt man den eisenharten Malaria-Parasiten mit Des-Ferrioxamin das Eisen weg, verbessert sich der klinische Verlauf der Malaria-Erkrankung.

Eisen-Präparate können die Infektionsabwehr beeinflussen

Eisen kann als „zweischneidiges Schwert“ allerdings vermutlich manchmal die Infektionsabwehr günstig beeinflussen. So konnte zum Beispiel bei Kindern und Kälbern durch Eisen-Präparate auch das Erkrankungsrisiko gesenkt werden – bei Kindern zum Beispiel gegenüber Infektionen der Atemwege und des Magen-Darm-Trakts. Wegen der Komplexität des Eisen-Stoffwechsels stellte jedoch das BfR im Jahr 2009 fest, dass man nach wie vor nicht ausschließen kann, „dass bei einer dauerhaft hohen Versorgung mit Eisen das Risiko für die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs und Diabetes steigt.“ Beim Eisen-Stoffwechsel klaffen noch viele Wissenslücken bezüglich der Altersabhängigkeit und Geschlechtsabhängigkeit des Gesamtkörpereisenbestandes.

15 Milligramm Eisen-(II)-Sulfat – 0,00000000025 Milligramm Ferrum phosphoricum

Der Arzt Wilhelm Schüßler verabreichte Ferrum phosphoricum „in der 12. Verreibung“: Eine handelsübliche 250 Milligramm schwere homöopathische Tablette der Stufe D12 enthält demnach 0,00000000025 Milligramm Eisen-(II)-phosphat. In den klinischen Studien zur Vorbeugung von Infektionen bei Kindern wurde dagegen Eisen-(II)-Sulfat im Milligramm-Bereich eingesetzt. Wird heutzutage Eisen-(II)-Sulfat gegen Eisenmangel-Erscheinungen ärztlich eingesetzt, beträgt die übliche Dosierung etwa 50 bis 100 Milligramm pro Tag – viele randvolle Schüsseln voller Schüßler Salze der Stufe D12. Schon 1898 bemerkte Dr. R. Stäger in seinem Artikel über Ferrum phosphoricum und die Biochemie nach Schüßler in der Zeitschrift des Berliner Vereines homöopathischer Aerzte: „Bis dahin finden wir nichts von der Hahnemannschen Homoeopathie verschiedenes. Nun aber trennen sich von da an die Biochemisten von uns. Sie erklären nämlich die Wirkung ihrer Mittel durch eine absolut falsche Theorie.“ Weiterhin erwähnt die Mineralstoff-Expertin: „Nicht nur bei frischen Wunden bewährt sich sein Einsatz – Ferrum phosphoricum unterstützt eine schnellere Wundheilung und lindert Schmerzen.“

Bei Wund-Infektionen versagten Schüßler Salze jämmerlich

Die nach Dr. Stäger „absolut falsche Theorie“ bestätigte sich 44 Jahre später bei den Sulfonamid-Experimenten des Jahres 1942 im Konzentrationslager Dachau: Männliche Häftlinge mit eitrigen Wund-Infektionen wurden hier gezwungen, in „fünfminütigen Abständen“ Tag und Nacht Milchzuckertabletten mit Schüßler Salzen zu schlucken. Zum Einsatz kamen auch „Ferrum phoshphoricum D6 und D12“ und „Calcium phoshphoricum D6.“ Das Ergebnis war für die Biochemisten ein Desaster. Über die düstere Rolle der Homöopathie zur Zeit des Nationalsozialismus bemerkte die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ): „Die vom Reichsgesundheitsamt verordnete Testung zahlreicher homöopathischer Verdünnungen verlief niederschmetternd, so daß die Homöopathen seinerzeit gegen die Fortführung der Untersuchungen beim Reichsgesundheitsführer intervenierten. Die Ergebnisse wurden bis heute nicht veröffentlicht.“ Kurzum, zwar dürfen Schüßler-Salze nach dem deutschen Arzneimittelgesetz (AMG) ohne Wirksamkeitsnachweis verkauft werden, jedoch stellte nicht nur die Stiftung Warentest fest: „Biochemie nach Schüßler ist zur Behandlung von Krankheiten nicht geeignet.“

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