Streitpunkt Handystrahlung – Schadet Mobilkommunikation unserer Gesundheit? 

Der Wissenschaftliche Beirat Funk sieht momentan keine Gesundheitsgefährdung durch Handys. Die Ärztekammer warnt weiterhin vor möglichen Langzeitschäden.

„Von einer Gefährdung der Gesundheit kann anhand der aktuellen Studienlage nicht ausgegangen werden“ gab der „Wissenschaftliche Beirat Funk“ – kurz WBF – jüngst bei einer Pressekonferenz in Wien zum Thema Mobilkommunikation Entwarnung. Das beratende Gremium des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie analysiert einmal jährlich die neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen. Wobei die vom WBF ausgewählten Studien wissenschaftlichen Mindestanforderungen entsprechen müssen. Kriterien sind dabei zum Beispiel die Nachvollzieh- und Reproduzierbarkeit, eine eindeutig nachgewiesene Kausalität, sowie die klare Unterscheidung zwischen biologischen und tatsächlich gesundheitsrelevanten Effekten.

Handystrahlung und Gesundheit

Insgesamt sind 68 internationale Studien bewertet worden. Für den WBF-Vorsitzenden Professor Dr. Norbert Vana sind die Ergebnisse eindeutig: Es gibt keinen Beweis, dass es bei Einhaltung der Grenzwerte zu gesundheitsschädlichen Auswirkungen auf kognitive Fähigkeiten, Hirnstromaktivität, Schlaf, Befindlichkeit, Hörleistung und Fruchtbarkeit kommt. Die ausgewählten Studien liefern auch keine überzeugenden Beweise für ein erhöhtes Risiko für Tumorerkrankungen und gentoxische Effekte des Mobilfunks. Ebenso wenig gibt es Daten, welche eine höhere Empfindlichkeit von Kindern bestätigen würden.

Professor Dr. Christan Wolf von der Wiener Universitätsklinik für Innere Medizin II bringt zwei konkrete Beispiele: Strahlendichte Vorhänge hatten, wenn die Studienteilnehmer nichts davon wussten, keinen Einfluss auf die Schlafqualität der Probanden. Ebenso wenig ein Mobilfunkmast, der einmal aktiv und dann wieder off line war, ohne dass Hunderte Beamte dies wussten. Zweimal täglich nach ihrem Befinden befragt, ergab sich keine Korrelation. Auch angeblich „empfindliche“ Menschen konnten nicht erraten, ob der Handymast eingeschalten war oder nicht.

Epidemiologische Studien zu Handystrahlung

Bei einzelnen kognitiven Parametern und beim EEG wurden im Rahmen von Untersuchungen zwar teilweise Veränderungen gefunden, diese treten – so Wolf – aber auch bei anderen Reizen im Alltag auf. Beim Risiko von Tumorerkrankungen gibt der WBF-Experte zu bedenken, dass es bei diesen lange Latenzzeiten gebe. Auch die Technologie ändere sich laufend. Deshalb sei es schwierig, kausale Zusammenhänge zu finden. „In manchen Studien traten auf der Seite, wo telefoniert wurde, leicht erhöht Karzinome auf. Dieser Effekt ist jedoch biologisch inplausibel und bis jetzt nicht gesichert“, argumentiert Wolf weiter. Bei Kindern sei es wichtig, epidemologische Studien weiter zu forcieren. „Derzeit sehen wir aber keinen Grund, die Basisgrenzwerte zu adaptieren!“

Vorsorge: medizinische Handy-Regeln

Für die Ärztekammer – die den WBF nicht wirklich für geeignet hält, um von der Mobilfunklobby unbeeinflusst Forschung zu betreiben – gilt hingegen, solange gesundheitliche Folgen von Handystrahlung nicht ausgeschlossen werden können – das Vorsorgeprinzip. Sie hat ein Plakat – „Strahlende Informationen: 10 medizinische Handy-Regeln – aufgelegt. „An unserer grundsätzlichen Besorgnis hinsichtlich möglicher Langzeitschäden durch übermäßiges Telefonieren mit dem Handy hat sich nichts geändert“, erklärt Dr. Erik Huber, Referent für Umweltmedizin der Wiener Standesvertretung, dazu. „Erst kürzlich hat eine Metaanalyse der Langzeitdaten epidemiologischer Studien bei Personen, die bereits mehr als zehn Jahre ein Mobiltelefon benutzen, ein um bis zu 200 Prozent erhöhtes Risiko für einen Hirntumor ergeben! Sollten sich die Daten in den nächsten Jahren erhärten, würden ungeahnte medizinische Probleme auf uns zukommen!“

Mobiles Internet und mobiles Fernsehen

Bislang seien nämlich ausschließlich Auswirkungen der Mobiltelefonie auf die Entstehung von Tumoren im Kopfbereich untersucht worden – führt Umweltmediziner Huber weiter aus. Und diese kommen glücklicherweise sehr selten vor. Durch die Einführung von mobilem Internet und mobilem Fernsehen komme es aber zunehmend zu einer Belastung auch anderer Körperregionen. Außerdem erhöhe sich die Dauer der Exposition. Ärztevertreter Huber fordert deshalb gründliche, unabhängige Untersuchungen, sowie eine Senkung der Vorsorge-Richtwerte.

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