Süßlupinen als Lebensmittelbestandteil – verstecktes Allergen

Der Verzehr von Lupinen ist schon aus dem antiken Griechenland und Ägypten überliefert. In Südamerika galten sie als Grundnahrungsmittel, bevor sie von Getreidearten abgelöst wurden. Wilde Lupinen enthalten Bitterstoffe (Alkaloide), die vor Verzehr durch Einweichen oder Kochen und Verwerfen des Wassers entfernt wurden. Hierzulande sind alkaloidfreie Süßlupinen in das Blickfeld der Lebensmittelindustrie geraten, um in Zukunft tierische Rohstoffe ersetzen zu können. Aus Lupinensamen extrahierte Eiweiß-Isolate können schon bald für die Herstellung fettarmer Wurstwaren oder pflanzlichen Speise­eises verwendet werden.

Pflanzliche Lupinen-Proteine im Einklang von Wirtschaft, Ökologie und Gesundheit?

Die Blaue Süßlupine (Lupinus angusti­fo­lius) weist einen Pro­tein­gehalt von bis zu 40 % auf und gilt daher als eine der eiweißhaltigsten Nutz­pflanzen der Welt. Sie ist gegenüber der Sojabohne ge­schmack­lich im Vorteil und kann auch den alternativen pflanz­lichen Protein-Isolaten aus Ackerbohne, Erbsen oder Weizen das Wasser reichen, da ihr Proteingehalt den Aromaprofilen von Zutaten aus Ei- oder Milchproteinen stärker ähnelt. Das Fraun­hofer-Insti­tut für Verfahrens­technik und Verpa­ckung IVV hat bereits einen Milch­ersatz ent­wickelt, der aus Lupi­nen­proteinen her­ge­stellt wird.

Gelobt für seine gesundheitlichen (Vorbeugung vor Überge­wicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen), ökologischen (bessere Nutzung von hiesigen landwirtschaftlichen Ressourcen) und ökonomischen (höhere Erträge) Vorteile werden Anbau und Entwicklung funktioneller Nahrungszusätze auch vom Bundesforschungsministerium gefördert.

Lupinenprodukte für Vegetarier, Zöliakiekranke und Fleischesser – Zielgruppe Allergiker?

Bisher verwendete man her­kömm­liches Lupinenmehl, -eiweiß­, -kleie oder -ballast­stoffkonzentrate in kleinem Rahmen für vegetarische und glutenfreie Nischenpro­duk­te wie Teig- und Back­waren, Tofu, Bratlinge und Aufstriche.

In Zukunft sollen Menschen mit Milch­zuckerunver­träg­lich­keit (Laktoseintoleranz) aufatmen. Denn die Herstellung rein pflanzlicher Le­bens­mittel ohne jegliche tierische Be­stand­teile gilt als laktosefreie Alterna­tive. Auch Milcheiweiß-Allergiker (Milcheiweiß ist auch häufiger Bestandteil von Wurstwaren), Ve­ga­ner und Vegetarier sollen von Lebens­mitteln auf Basis von Süßlupinen profi­tieren. Außerdem sind Lupinen gluten­frei, so dass auch Zöliakiekranke ein breiteres Fertignahrungsangebot vorfin­den sollen. Inzwischen wurde ein erstes milch- und laktosefreies, rein pflanzli­ches Produkt – das Speiseeis Lupinesse – auf Basis von Lupinen-Proteinisolaten nach IVV-Technologie hergestellt. Das Lupinen-Eis ist ab 09. Mai 2011 in süddeutschen EDEKA-Märkten anzutreffen.

Lupineneiweiß hat eine Kehrseite – Die Süßlupine als verstecktes Allergen in Lebensmitteln

Entgegen den oben beschriebenen Vor­teilen der Süßlupine und der aus ihr herge­stellten Lebensmittel sind allergische Reaktionen gegenüber dieser Pflanze bekannt. Das Bundesinstitut für Risiko­bewertung (BfR) stellte bereits im Jahr 2005 eine gesundheitliche Be­wer­tung für Eiweiße aus Lupinen an. Im Ergeb­nis wurde klar, dass bestimmte hitze­stabile Lupineneiweiße (γ- und α- Con­glu­tine) allergen sind, ja sogar zu anaphylaktischen Reaktionen führen kön­nen. Zudem sind auch Kreuzreakti­onen bekannt, die bei vorhergehender Sensi­bi­lisierung mit anderen Hülsen­früch­ten (zum Beispiel Sojabohnen, Erdnüsse, Erbsen, grüne Bohnen) auf­treten können.

Die allergische Reaktionszeit nach Ver­zehr von Lupinenprodukten ist oft kurz. Bereits geringe Mengen – wenige 100 mg – können Beschwerden auslö­sen. Weder Kochen noch Mikro­wellenerhit­zung und andere haushalts­übliche Ver­fah­ren zerstören die allergenen Proteine.

Aus diesen Gründen besteht mittlerweile Deklarationspflicht für Bestandteile von Süßlupinen, die in verpackten Lebens­mitteln einge­setzt werden (EU-Richt­linie 2007/68). Die Kennzeichnung gilt noch nicht bei loser Ware. Auch im Restaurant muss nach wie vor das Perso­nal nach Lupinen und lupinenhaltigen Speisen befragt werden.

Fazit: Ein Widerspruch zwischen Forschungsvorhaben und Verbraucherschutz

Die Bundesregierung begibt sich mit der Auslobung von Lupinen als nachhaltigem innovativem Rohstoff und universell gepriesener Lebensmittelzutat auf Glatt­eis. Die unreflektierte Begrüßung der mit Bundesmitteln finanzierten For­schung steht im krassen Gegensatz zu den Warnungen, initiiert durch die oberste Verbraucherschutzbehörde Deutschlands.

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