Vermeidbare Fehler beim Gutachten für eine Pflegestufe

Einige Tipps zu vermeidbaren Fehlern beim Antrag auf eine Pflegestufe für Schwerbehinderte oder hilflose alte Menschen.

Viele hilflose Menschen und Schwerbeschädigte, die ohne tägliche Unterstützung in unwürdigen Umständen leben würden, erhalten dennoch häufig keine Unterstützung vom Staat respektive der Pflegeversicherung. Dies passiert insbesondere, weil die entsprechenden Gutachter sehr enge Auslegungsspielräume beachten müssen und, um Missbrauch zu vermeiden, für die Pflegekassen hart aussieben. Und auch wenn das nicht aus bösem Willen geschieht, kann davon ausgegangen werden, dass in vielen Fällen durch das Gutachten Hilfe versagt bleibt, obwohl sie geboten ist.

Die Situation der Gutachter für Pflegestufen

Genau wie das häufig hoffnungslos überforderte Pflegepersonal haben die Gutachter einen umfangreichen Arbeitstag. Dieser ist sowohl geprägt von stressigen Innenstadtfahrten zum Auftragsort mit Parkplatzsuche und Ampelverkehr als auch dem häufig schwierigen Umgang mit persönlichen Konflikten der Patienten und deren Angehörigen. Hinzu kommt neben psychischen Belastungen durch die Besuche im intimen Umfeld der Patienten auch die abendliche Zusammenfassung des erarbeiteten Stoffes in Gutachten, die hohen rechtlichen Ansprüchen genügen müssen.

Der enormen Verantwortung mögen zwar sicherlich nicht alle Gutachter gewachsen sein, dass diese Verantwortung aber fehl-, soll hießen überinterpretiert oder gar missbraucht wird, darf auch nicht pauschal angenommen werden. Es empfiehlt sich daher, dem Gutachter mit Respekt entgegenzutreten und ihm weder Vorwürfe, was seine Arbeit angeht, zu machen, noch diese in Frage zu stellen. Zum minimalen Grundanspruch zählt dabei, einen zuvor abgesprochenen Termin mit dem Gutachter genau einzuhalten oder im Notfall telefonisch abzusagen.

Fehler der Antragsteller und der zu Begutachtenden

Da anzunehmen ist, dass zur Ablehnung des Antrages führende Gutachten über eine eventuelle Pflegebedürftigkeit häufig die Einstufungen NULL und EINS betreffen, werden die meisten groben Fehler in Antragssituationen gemacht, in denen den Pflegebedürftigen ein Rest an Handlungsmöglichkeiten oder schlicht Bewegungsfreiheit bleibt. Teileingeschränkte jedoch verhalten sich häufig „sozialgefällig“, was so viel heißt wie, sie versuchen dem Gegenüber so gut als möglich zu suggerieren, es ginge ihnen besser als es in der Tat ist.

Darum sollte man in vorangehenden Gesprächen dem zu Begutachtenden klar machen, worum es geht, ohne ihn zu solchen Verhaltensweisen anzuregen. Als vermeintlich richtig sehen es viele an, dem Betreuten vor dem Termin einzubläuen, dass der Gutachter die Motorik einschätzen will und der Betroffene sich unbeholfen geben sollte. Das ist aus mehreren Gründen falsch. Beispielsweise weil sich viele ältere Menschen dagegen sträuben gegen die gelernten und gelebten Werte aufzulehnen und es als Lüge empfänden, sich absichtlich in der Motorik gehen zu lassen. So etwas führt nicht selten dazu, dass die betreffende Person dem Gutachter gegenüber ein anderes Verhalten an den Tag legt als ihrem Betreuer. Gerade in Prüfungssituationen, welche ganz besonders für ältere Menschen sehr ungewohnt sind, bedeutet das für den Gutachter, unterscheidbare Handlungen beobachten zu können, die er bemerken und vermerken wird.

Besser als den Betreuten also auf eine Begutachtung vermeintlich vorzubereiten, sollte ihm die Situation nicht als Prüfung, sondern eine Art Arztbesuch erklärt werden, bei der er die Chance hat, seine Lebenssituation zu verbessern. Er wird dann weniger sozialgefälliges Verhalten an den Tag legen und auch eher von Problemen berichten. Anschaulich wird das an der häufig gestellten Frage, ob dem Gutachter nicht etwas geholt werden könne. Kugelschreiber, Getränke oder andere Kleinigkeiten sollte kein gehbehinderter oder schwerfälliger Mensch als Gefälligkeit aus eigenem Antrieb holen gehen.

Vorbereitung auf die Gutachtensituation

Daraus ergeben sich Vorbereitungsmöglichkeiten auf einen Gutachtertermin. So sollte man auch wirklich Betreuungsarbeit leisten, wenn man dafür schon eine Unterstützung beantragt. Denn nicht nur, dass durch die Gewöhnung des Betreuten an die Abgabe von alltäglichen Aufgaben, auch in der Prüfungssituation eher „delegiert“ wird als selbst erledigt, es zeigt den „nötigen“ Mangel an Selbstständigkeit.

Was es, wie oben bereits angeschnitten wurde, unbedingt zu vermeiden gilt, sind Sondersituationen, die das Verhalten des zu Begutachtenden beeinflussen könnten. So bringt es weder etwas, den Zustand der Wohnung zu verschlechtern oder ihn zu verbessern, damit der Gutachter beim Termin die geleistete oder nötige Arbeit sieht. Ein realistisches Bild, das einem weder eine Entschuldigung für den Zustand der Wohnung abnötigt, noch die geleistete (Aufräum-)Arbeit zu würdigen nötig machen würde, ist in jedem Falle besser als die Wohnung blank zu putzen oder zu zu müllen. Was man in dieser Hinsicht allerdings machen kann, ist darauf zu achten, dass selbst in Ecken, in denen sich der Pflegebedürftige normalerweise nicht aufhält, keinerlei Gegenstände herumliegen, die ihn im täglichen Leben noch mehr behindern könnten.

Sehr niedrige Schränke, lose Teppiche und ähnliches werden in jedem Gutachten zur Pflegebedürftigkeit genauso vermerkt, wie unzugänglich weggestellte Gehhilfen. Ein Gutachter erwartet gerade zu, dass ein Gehbehinderter sich selbst versorgen kann, wenn die Gehhilfen aus reiner Ordnungsliebe an einen Ort geräumt werden, der nur mit Mühe erreicht werden kann.

Durchdenkt man alle Verhaltensweisen im Tagesablauf des Betreuenden auf diese Art und Weise und handelt man realistisch und nicht überzogen fürsorglich, erhält man auch genau die Unterstützung, die einem zusteht.

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