Welche Folgen haben verdeckte Aggressionen?

Betroffene können Psychoterror oft nicht als solchen erkennen. Etwas stimmt nicht – das Misstrauen wächst, jedoch auch gegen sich selbst.

Mit Aggression, Terror und Gewalt verbinden viele Menschen etwas sehr Reales. Es entsteht unmittelbar die Vorstellung von körperlicher Gewalt, Folter, Lebensgefahr und einer konkreten Bedrohung. Der klare Akt der Feindseligkeit ist als Angriff zu erkennen. Jedoch gibt es auch das breite Spektrum verdeckter Aggressionen – der psychische Terror und somit die versteckte Gewalt.

Verdeckte Aggression wirkt getarnt

Im gesellschaftlichen Zusammenleben gilt es in vielen Situationen als unüblich, Macht direkt anzustreben und somit Aggression offen einzusetzen. Das Erreichen von Überlegenheit und Machtpositionen motiviert jedoch nicht wenige und treibt sie zu zielgerichteten Handlungen. Die Verwendung verdeckter Methoden ist dabei gebräuchlich. Somit werden Menschen oft mit Angriffen gegen sie selbst, ihre Position oder Integrität konfrontiert, die sie gar nicht ohne weiteres als solche erkennen. Aggressivität äußert sich häufig auf den Umwegen des Psychoterrors – versteckt, subtil, vielfältig und erfindungsreich.

Psychoterror manipuliert Opfer gezielt

Wie bei den klar erkennbaren Angriffen, so ist auch jede verdeckte Aggressionsform zumeist von oben nach unten gerichtet. Jedoch geht es den Stärkeren dabei nicht nur um physische, ökonomische oder soziale Überlegenheit. Vielmehr nimmt sich der verdeckte Aggressor das Vorrecht, Realität zu definieren. Um eine Machtposition gegenüber dem Opfer zu erreichen. Indem der Aggressor seiner subjektiven Sicht der Dinge den Status einer objektiven Wirklichkeit verleiht, manipuliert er Gefühle und Gedanken seiner Opfer. Die Realitätswahrnehmung des Schwächeren wird gezielt verzerrt, sein Selbstvertrauen demontiert. Wer verdeckte Aggressionsformen anwendet, versucht sein Opfer wie eine Marionette zu manipulieren und somit verrückt zu machen.

Psychoterror als gezielte Methode

Im Psychoterror gelten nur die Regeln des Aggressors. Da er die Realität des Opfers definiert, kann er es weitreichend schädigen. Unabhängige Zeugen für verdeckte Angriffe zu finden, fällt schwer. So können Opfer nur selten beweisen, was ihnen angetan wird. Nach Erkenntnissen der Psychologin Claudia Szczesny-Friedmann nimmt die Häufigkeit der psychologischen “Kriegsführung” im privaten und öffentlichen Leben zu. Diese Tatsache ergibt sich gleichfalls aus einer Vielzahl aktueller Studien. Durch ein langfristiges “Fertigmachen” mit psychologischen Mitteln nehmen Opfer oft sogar mehr Schaden, als durch klar erkennbare Angriffe. Psychoterror kann zu chronischen Angstzuständen und schlimmstenfalls zu akuter Suizidgefahr bei Opfern führen. Somit wirken diese Methoden sehr gezielt und machen Betroffene schwach und krank. Vermutlich können auch aktuelle Berichte über zunehmend verfrühte Berufsausstiege aus psychischen Gründen in diesem Zusammenhang verstanden werden.

Das schleichende Gift des verdeckten Angriffs

Täuschungsmanöver und Intrigen sind für das Opfer äußerst bedrohlich. Im berühmten Film “Gaslight” (1944) wird nicht aus Liebe, sondern aus Gier geheiratet. Boyer will sich seiner Frau entledigen und plant, sie verrückt zu machen. Er ändert ihre Welt durch viele raffinierte Methoden psychischen Terrors. Flackert das Gaslicht, so redet er ihr ein, es läge nicht am Licht, sondern an ihrer Wahrnehmung. Er versteckt ihren Schmuck und behauptet, sie habe ihn verlegt. Er nimmt ein Bild von der Wand und unterstellt, sie hätte es getan. Der Mann verunsichert seine Frau fundamental. Sie wird labil und verstört. Als Folge dieser vielen verdeckten Angriffe gelingt es ihr kaum noch, normal zu reagieren. Bald steht sie, dargestellt von Ingrid Bergmann, am Rande eines Nervenzusammenbruchs und wird erst durch äußere Hilfe vor dem völligen Verlust ihres Realitätssinns gerettet. Der Film beeindruckte damals sehr, so dass der Ausdruck “to gaslight” im Englischen bis heute für den Versuch verwendet wird, eine andere Person verrückt zu machen. Viele Zuschauer sehen mit Vorliebe Psychothriller. Vermutlich auch deshalb, da sie sich gut mit den Opfern identifizieren können. Vielleicht schon einmal selbst in ihrem Leben “begaslichtet” wurden.

Opfer verdeckter Angriffe zwischen Betrug und Scham

Es ist nicht allein die Tatsache des Betrugs, die den Opfern so sehr zu schaffen macht. Sicher ist sich der Angegriffene darüber klar, das etwas nicht stimmt. Der Vertrauensmissbrauch wird noch teilweise deutlich. Doch die damit verursachte Unsicherheit, ob sich das Opfer noch auf sich selbst verlassen kann, auf seine eigenen Wahrnehmungen und Einschätzungen, schwächt tief gehend und demontiert das Selbstbewusstsein. Da es oft keine eindeutigen Beweise für den verdeckten Angriff gibt, wirft sich das Opfer selbst vor, sich ständig nur Dinge einzubilden. Betroffene reagieren argwöhnisch, unterstellen sich selbst übertriebene Reaktionen auf nicht greifbare und nur vermutete Zusammenhänge. Sie schämen sich dafür, so verunsichert zu sein.

Betroffene erkennen sich lange Zeit nicht als Opfer. Sie geben ihre Befindlichkeit zunächst nicht zu, versuchen ihre Gefühle und wachsenden inneren Ängste zu verschweigen. So kann sich die Spirale des Psychoterrors immer weiter zu ihren Lasten drehen. Aggressoren nutzen solche Entwicklungen und unterstellen dem Opfer seltsame Verhaltensweisen. In paradoxer Weise wird sich das Opfer immer mehr am Täter orientieren, da es sich rückversichern will. So verliert es seine innere Unabhängigkeit. Opfer handeln auf der Basis falscher Informationen durch den Täter und erleben Misserfolge dort, wo sie nicht erwartet werden. Neben komplexen Intrigen wirken Lügen, Täuschung und Betrug. Mit diesen Mitteln untergräbt der Aggressor die Position des Opfers. Je länger und raffinierter er Techniken des Psychoterrors anwendet, um so mehr schädigt er das Opfer. Entscheidungsfreiheiten Betroffener werden massiv eingeschränkt und sie müssen sich zeitweise sogar den Vorwurf gefallen lassen, “verrückt” zu sein.

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