Wissenschaftliche Buchgesellschaft digitalisiert

Von Hörbuch-CD über DVD-Video bis E-Book-Portal. Kein verstaubter Buchladen möchte die 60 Jahre alte Wissenschaftliche Buchgesellschaft in Darmstadt sein. Für ihre 140.000 Mitglieder produziert sie viele „neue“ Medien.

Der Verlagsbranche weht ein kühler Wind um die Nase, ein Thema auf jeder Frankfurter Buchmesse seit der Jahrtausendwende und in den Gremien des Börsenvereins des deutschen Buchhandels sowie der internationalen Verlegerverbände. Wenn sie langfristig im modernen Medienzeitalter überleben wollen, müssen Verlage sich auf die veränderten Bedürfnisse der Verbraucher einstellen. Dies gilt auch für die nicht-kommerziell tätige Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG) in Darmstadt, die 2009 ihr 60-jähriges Bestehen feierte. Seit 1996 hat sie die „neuen“ Medien in ihr Programm aufgenommen, ein Jahr später gestaltete sie ihren ersten Internetauftritt, bereits 2002 bot sie E-Books an, 2008 übernahm sie den Hörbuchverlag auditorium maximum.

Odyssee auf Schallplatte

Genau wie die Druckwerke sollen auch die Hörbücher einen wissenschaftlichen Anspruch erfüllen. Erfolgreiche Titel aus der Studienliteratur und aus dem Fachgebiet Geschichte machten den Anfang. Vorläufer gab es bereits Ende der 50er Jahre, als im WBG-Schallplattenkatalog Aufnahmen wie Homers „Odyssee“ oder Platons „Apologie des Sokrates“ auftauchten.

Hörbuchverlag auditorium maximum erworben

Seit dem Jahr 2008 besitzen die Darmstädter einen eigenen Hörbuchverlag. Bis dahin hatte das Unternehmen auditorium maximum vorwiegend philosophische Themen im Programm. Das erste Programm unter dem Hörbuchlabel der WBG kommt im Herbst 2009 mit 40 Titeln heraus, die Geschäftsleitung plant jährlich 50 bis 60 neue Titel. Das Sortiment enthält nicht nur geisteswissenschaftliche Sachbücher, sondern auch Biografien, Kinderbücher und belletristische Klassiker. Wer Hörbücher kaufen möchte, kann künftig wählen zwischen einer CD und einem Download auf der Internetseite der WBG. Auch DVD-ROMs und DVD-Videos gehören zum Programm.

E-Book-Portal für drei Formate

Bereits seit dem Jahr 2002 experimentieren die Darmstädter Verleger mit E-Books, am Ende der Entwicklungsphase soll ein eigenes E-Book-Portal stehen, auf dem alle WBG-Neuerscheinungen in drei verschiedenen Formaten abgerufen werden können: als PDF-Datei, als Datenbank-Zugang oder als EPUB-Datei für die inzwischen verbreiteten elektronischen Lesegeräte.

E-Books günstiger als Bücher

Um ihren Mitgliedern auch die älteren Titel sukzessive in digitaler Umsetzung anbieten zu können, hat die WBG mittlerweile 4.500 Autorenverträge nachverhandelt. Dies schlägt sich für die WBG-Nutzer in Euro und Cent als zusätzlicher Vorteil der Mitgliedschaft nieder: Man beabsichtigt, im E-Book-Portal jedes Download günstiger als die Druckversion anzubieten.

Book on Demand schon für eine Buchbestellung

Auch das Zeitalter des Books-on-Demand hinterlässt Spuren im Service der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft. Jedes Mitglied kann einzelne vergriffene Bücher bestellen, diese werden dann kurzfristig in einem Einzelexemplar gedruckt.

Tausend Jahre deutsch-französische Geschichte

Bei aller Digitalisierung bleibt das Kulturgut Buch im zentralen Fokus des 60 Jahre alten „wirtschaftlichen Vereins“ Buchgesellschaft. Dies äußert sich mit außergewöhnlichen Prestigeprodukten, wie zum Beispiel dem „Zee-Atlas“, einem Band mit Reproduktionen frühneuzeitlicher Seekarten. Ein 2008 herausgegebenen Nachdruck der deutschsprachigen Erstausgabe des Klassikers „Über die Entstehung der Arten“ von Charles Darwin erntete Begeisterung bei den Mitgliedern, inzwischen liegt die zweite Auflage schon vor. Verlegerische Großprojekte wie etwa die im Verlauf von 40 Jahren nach und nach von 1.500 Fachgelehrten erarbeiteten 9.000 Seiten des „Historischen Wörterbuchs der Philosophie“ sollen nicht Verlagsgeschichte bleiben. Zwei neue ambitionierte Langzeitprojekte wurden in Angriff genommen: Die auf elf Bände angelegte „Deutsch-französische Geschichte“ zeichnet die Geschichte der letzten tausend Jahre der Nachbarn am Rhein nach.

WBG-Weltgeschichte für das 21. Jahrhundert

Im Herbst 2009 erscheinen die ersten Bände der „WBG-Weltgeschichte für das 21. Jahrhundert“. Das Werk soll „neue Maßstäbe für eine globalorientierte und weniger eurozentrierte Geschichtsschreibung setzen“.

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