Wolfratshauser Faschingstradition

Das Gaudi-Rennen „Graudleffe-Cup“ basiert auf altem Streit.  Vor einigen hundert Jahren haben die Tölzer den Wolfratshausern ein Spottgeschenk überreicht – einen Krautlöffel.

Um die Gaudi geht es in erster Linie, um die Wurst und auch ums Sauerkraut. Zum fünften Mal fand in diesem Jahr am Faschingssamstag der „Graudleffe-Cup“ in der Wolfratshauser Marktstraße statt. Sechs Teams hatten sich angemeldet, auch eines aus Bad Tölz. Die haben die Wolfratshauser extra herausgefordert – eines uralten Streites wegen. Wer nach dem Rennen den 1,80 Meter langen Holzlöffel gewonnen hat, hat Teamgeist bewiesen, es stimmte der Spaßfaktor; und Geschick und die Trinkfestigkeit waren im harmonischen Einklang.

„Saufen“, Kraut und Krapfen essen und rennen

Lustig ist es immer wenn die Teams in ihren kuriosen Verkleidungen, irgendwie miteinander zusammengebunden, über den Parcours rennen, dabei an einem Stand „Saufen“ und am nächsten Haltepunkt einen Krapfen essen müssen. Dann sind Fragen rund um Wolfratshausen richtig zu beantworten und schließlich muss noch ein Schälchen Kraut bezwungen werden. Dazwischen wird gerannt, so schnell es geht. Das sei eine sportliche Herausforderung für die „Faschingsathleten“ und für die Zuschauer eine „Fetzengaudi“, sagen die Verantwortlichen für das alljährliche Spektakel: die Stadt Wolfratshausen, der TSV Wolfratshausen, die Narreninsel, die Loisachtaler Bauernbühne und Konditor Stefan Högl.

Hawaii-Mädchen und Löschzwerge

Lustig war es jedenfalls allemal für die Zuschauer, die dieses Jahr die jungen männlichen „Hawaiimädchen“ anspornten – mit ihren nackten Oberkörpern bei Nullgrad, in Kokosnuss-BHs spärlich bekleidet und einem pinkfarbenen Surfbrett dabei. „Löschzwerge“ nannte sich ein anderes Rennteam. Sie zogen einen Fliegenpilz-bewachsenen Biertragl-Leiterwagen mit sich.

Rund tausend Närrische kamen in den vergangenen Jahren und schauten dem Spektakel zu, heuer waren es weit weniger – vielleicht blockierte die oberbayerische Mentalität die Einheimischen – wer weiß. Mitmachen könne jeder. Im Vorfeld hatte der Wolfratshauser Wolfgang Mucha vom Kulturamt die ortsansässigen Vereine aufgefordert: „Geht mal raus aus eurem Vereinsalltag und zeigt Gemeinschaftsgefühl. Das ist auch für die Stadt sehr wichtig.“

Tunnelbauarbeiter

Der amtierende Bürgermeister Josef Niedermaier aus Bad Tölz jedenfalls nahm die Herausforderung an, schloss sich mit anderen Bürgermeistern aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zusammen, und sie nahmen mit ihrem Thema die Wolfratshauser gleich auf die Schippe. „Wir sind die Bauarbeiter vom „Tunnelbau an der Sauerlacherstraße.“ Ihre Anspielung galt der endlosen Diskussionen über die S-Bahn-Verlängerung von Wolfratshausen nach Geretsried.

Ein Krautlöffel als Spottgeschenk

Dass die Tölzer mitmachten, war für die Wolfratshauser besonders wichtig. Denn der Hintergrund des „Graudleffes“ stammt von den Überlieferungen eines uralten Streites. Um das 17. Jahrhundert etwa, haben die Tölzer ihr Holz als Floße auf der Isar nach München transportiert und seien an Wolfratshausen vorbeigefahren, weiß Konditor Högl zu erzählen. Die Wolfratshauser hatten weniger Holz, dafür umso mehr Kraut aus ihren Gärten. „Graudleffe“ (Krautlöffel) hätten daher die Tölzer zu den Wolfratshausern gesagt und ihnen einen Holzlöffel als Spottgeschenk überreicht, so soll es gewesen sein, weiß Högl.

Die Siegerprämie ist ein Fass Bier, Kraut und Würstl für die eigene Siegesfeier und eine Ehrenplakette auf dem 1,80 Meter langen Löffel.

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