Work Life Balance – Zeitmanagement, Fitness und Gelassenheit

Ununterbrochene Erreichbarkeit bedeutet wachsendes Tempo. Diese Freiheiten produktiv zu nutzen, heißt sorgfältig auszuwählen. Entscheidend hierbei ist Zeit.

Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes sind die Kosten durch psychische Erkrankungen stark gestiegen. Allein zwischen 2002 und 2008 haben sie um 32 Prozent zugenommen (Welt Online, 12. August 2010). Die Ursachen können bislang nur angenommen werden. Ergebnisse einer Gesundheitsstudie hierzu sollen bis 2011 ausgewertet werden. Vermutung ist aber, dass die psychischen Störungen, zu denen häufig Depressionen gehören, mit der wachsenden Belastung am Arbeitsplatz zusammenhängen. Diese wiederum steht in Abhängigkeit zur permanenten Erreichbarkeit durch E-Mails, Handy und Internet. Umgekehrt bedeutet diese Erreichbarkeit, dass man selbst auch zu jeder Zeit auf Informationen und deren Absender zugreifen kann oder es zumindest könnte. Damit wird der kompetente und gewissenhafte Umgang mit diesen Freiheiten zu einer essentiell notwendigen Fähigkeit, die nicht nur mit privatem Glück und Gesundheit in Verbindung steht, sondern auch mit produktiver Tätigkeit am Arbeitsplatz.

Aufmerksamkeit – eines unserer höchsten Güter

Aufmerksamkeit ist eines unserer höchsten Güter (siehe dazu Ökonomie der Aufmerksamkeit). Aufmerksamkeit heißt, Informationen zu sortieren und auszuwählen. Damit gestalten und bestimmen wir, wem wir unsere Aufmerksamkeit wie lange und wie intensiv widmen, ebenso, worauf wir unsere Handlungen richten und wie sehr wir diese konzentrieren, also wie viel wir gleichzeitig oder ausschließlich tun. Das wiederum erzeugt neue oder verändert bestehende Handlungsoptionen. So gesehen spielt es für die Balance zwischen produktivem Eustress, also einer guten, konzentrierten und zügigen Arbeitsweise, und dem eher destruktiv wirkenden Disstress eine entscheidende Rolle, wie fokussiert wir arbeiten.

Fokussierung ist eingebettet in den Kontext

Der Fokus auf etwas kann nicht abgelöst von den Umgebungsbedingungen gesehen werden. Es ist gerade die spezielle Einbindung in den Kontext, die es ermöglicht, für eine Handlung zu entscheiden, ob wir diese besonders sorgfältig ausführen müssen (alles andere ausblenden und hier viel – der wertvollen – Zeit investieren) oder ob wir sie neben anderen Tätigkeiten erledigen können. Wenn diese Prozesse sich nicht mehr vom agierenden Menschen steuern lassen, entsteht Reizüberflutung, indem die Einflüsse und Aufgaben sich gegenseitig nivellieren. Es wird nur mehr schwer möglich, sie nach Prioritäten zu sortieren und damit verliert man den Überblick. Das wiederum bedeutet, dass auch sehr wichtige Informationen nicht mehr ausreichend erkannt werden können, mindestens entsteht die Sorge, es könne etwas wirklich Wichtiges übersehen werden.

Relevanz, der Schlüssel zu offenen Fragen

Relevanz bedeutet, dass beantwortet werden kann, ob und welche Priorität etwas im Moment für das hat, was man tut. Mit anderen Worten: Relevant ist etwas dann, wenn es sowohl wichtig für das aktuelle Ziel und außerdem für den nächsten Schritt ist. Das wiederum bedeutet, dass die Relevanz bestimmt, was als nächstes dran ist. Jeder Mensch befindet sich an einer eigenen Position, die sozusagen aus den Koordinaten seines momentanen Aufenthalts- oder Tätigkeitsbereichs hervorgeht. Diese eigene Position ist ebenso einzigartig, wie die Gesichtszüge oder der Fingerabdruck. Es liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen, die Relevanz seiner Handlungen im Bezug auf das, was er tut, zu finden. Das heißt, selbst zu bestimmen, um einerseits einen guten Job zu machen und andererseits sein Leben zu gestalten. Die Relevanz zu klären bedeutet also, entscheiden zu können, wann man etwas tut und wie lange man sich dafür Zeit nimmt.

Der Sache auf den Grund gehen

Notwendigerweise geht das einher mit der Entscheidung darüber, was man deshalb nicht tun kann, ob man dieses verschiebt oder gar nicht bearbeitet. Im Zweifelsfall können diese Entscheidungen nur getroffen werden, wenn sie begründet werden können. Denn erst aus der Begründung, die die Einordnung in den Kontext (siehe oben) erlaubt, wird klar, wie die Zusammenhänge mit anderen Handlungsschritten sind, und somit ergibt sich, welche Priorität eine Handlung hat, ob sie unbedingt erledigt werden muss oder ob es Bedingungen gibt, unter denen man sie beispielsweise mit anderen Schritten zusammengefasst abhaken kann. Die Bestimmung dieser Relevanzen für den eigenen Handlungsspielraum erfordert neben Aufmerksamkeit eine gewisse Zeit und Sorgfalt, die wiederum mit Konzentration einhergeht, also durch geringe Ablenkung gekennzeichnet ist.

Gelassenheit und Fitness – das richtige Training macht’s

Es kann natürlich sein, dass sich Fragen stellen, die nicht einfach so entschieden werden können, sondern vielleicht einfach eine Menge weiterer Fragen nach sich ziehen (siehe Unfried 2008). Sport baut nicht nur Stress ab, es entsteht auch ein Trainingseffekt, der die Leistungsfähigkeit erhöht. Leistung wiederum muss nicht nur heißen, dass viele Aufgaben schnell erfüllt werden. Leistung kann auch bedeuten, die richtigen Verknüpfungen zu erkennen (siehe voriger Abschnitt). Und auch hier gibt es Trainingseffekte, denn diese Form höherstufigen Lernens heißt, dass es möglich wird, auszuwählen und zu sortieren entsprechend den Zielsetzungen, denen am meisten Relevanz zugemessen wird. Gelassenheit den vielen kleinen und großen Anforderungen des Alltags gegenüber kann einen Raum eröffnen, der Muße und Ruhe entstehen lässt, um im richtigen Moment das Richtige zu tun. Zeitmanagement bedeutet auch zu wissen, wann es entscheidend ist, etwas nicht zu tun, um Platz zu schaffen für das Notwendige. Dieses erfordert einen Kraftaufwand, der ähnlich wie beim Sport trainiert werden kann.

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