Verlängern die Vitamine A, C und E das Leben?

Synthetische Anti-Oxidantien scheinen die Sterblichkeit zu erhöhen.

Übersichts-Studie: Eine Nahrungsergänzung mit den Vitaminen A, Beta-Carotin und E kann die Sterblichkeit signifikant erhöhen. Vitamin C und Selen ohne Auswirkungen.

Nobelpreisträger Linus Pauling legte mit seiner Vision von hoch dosierten Vitaminen den Grundstein zur so genannten orthomolekularen Medizin: Seitdem ist die Nahrungsergänzung mit synthetischen Vitaminen und Mineralstoffen für Millionen von Menschen zur Gewohnheit geworden. Obwohl selbst Linus Pauling mit hoch dosierter Ascorbinsäure sich nicht vor Prostatakrebs schützen konnte, vertrauen auf Rat von Vitalstoffexperten ernährungsbewusste Menschen auf die vermeintlich segensreiche Wirkung von synthetischen Vitaminen und Mineralien. Dass die Vision des Schutzes durch synthetische Vitamine eventuell eine Halluzination sein könnte, zeigt eine Übersichtsarbeit: die vermeintlich gesunde Nahrungsergänzung mit Vitaminen verkürzt vermutlich das Leben.

Übersichtsarbeit: Beeinflussen Anti-Oxidantien die Sterblichkeit?

Dr. Goran Bjelakovic von der Universität Nis und seine schwedischen Mitarbeiter untersuchten in ihrer Übersichtsarbeit mit einer so genannten systematischen Meta-Analyse die aktuelle Literatur veröffentlichter Studien. Wurden alle Studien berücksichtigt, zeigte sich bei 68 Studien mit 232.606 Studienteilnehmern kein bedeutsamer Effekt der Anti-Oxidantien auf die Sterblichkeit. Wurden nur methodisch einwandfreie Studien ausgewertet, so genannte „low-bias-risk-trials“, zeigte sich eine signifikante Erhöhung der Sterblichkeit für gern gekaufte Vitamine. Bei diesen 47 Studien wurden die Teilnehmer zufällig ausgewählt (randomisiert), die Studienteilnehmer und die behandelnden Ärzte während der Studie unkenntlich gemacht (verblindet), und es wurde mit einem Scheinpräparat kontrolliert (plazebokontrolliert).

Vitamin A, C, E, Beta-Karotin und Selen 47 Studien – 180.938 Teilnehmer

In den untersuchten Studien wurden die Vitamine und Selen in folgenden Dosen eingesetzt:

  • Vitamin A – 1.333 bis 200.000 Internationale Einheiten (IE, durchschnittlich 20.219 IE),
  • Beta-Carotin – 1,2 bis 50 Milligramm (durchschnittlich 17,8 Milligramm),
  • Vitamin C – 60 bis 2.000 Milligramm (durchschnittlich 488 Milligramm),
  • Vitamin E – 10 bis 5.000 (durchschnittlich 569 IE),
  • und Selen – 20 bis 200 Mikrogramm (durchschnittlich 99 Mikrogramm).

Die Studienteilnehmer nahmen die Vitamine und Selen entweder täglich oder jeden zweiten Tag über einen Zeitraum von 28 Tagen und 12 Jahren ein – durchschnittlich 2,7 Jahre.

Vitamin A, E und Beta-Karotin – erhöhte Sterblichkeit

Der Vergleich der Anti-Oxidantien gegenüber dem Scheinpräparat in Tabelle 5 der Übersichtsarbeit zeigte, dass bei den

  • Anti-Oxidantien (99.095 Teilnehmer, 15.366 Todesfälle = 15,51 Prozent)
  • gegenüber Placebo (81.843 Teilnehmer, 9.131 Todesfälle = 11,16 Prozent)
  • die Sterblichkeit um 4,35 Prozent erhöht wurde (15,51 – 11,16 = 4,35 Prozent).

Aus der absoluten Sterblichkeit kann man den so genannten Number-Needed-to-Kill-Wert (NNK) auf 23 bestimmen: ein statistisches Maß aus der evidenzbasierten Medizin. Jeden dreiundzwanzigsten Todesfall könnte man nach dieser Übersichtsarbeit auf eine lang andauernde und hoch dosierte Einnahme von Anti-Oxidantien zurückführen. Diesen Effekt konnte man bei Vitamin A, Beta-Carotin und Vitamin E beobachten. Vitamin C und Selen zeigten keine bedeutsamen Auswirkungen auf die Sterblichkeit der Studienteilnehmer – dagegen zeigt die neue EPIC-Herzstudie, dass eine abwechslungsreiche Diät mit Obst und Gemüse die Sterblichkeit reduziert.

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