Arzneimittel: Tabletten, Filmtabletten, Kapseln und Dragees

Was unterscheidet Tabletten, Dragees, Kapseln und Retardtabletten? Lagerung, Einnahme und Aufnahme von Arzneimittel der festen Form zur oralen Verwendung.

Mit dem Einzug von industriell produzierten Tabletten, Kapseln und Dragees wurden die liebevoll handgefertigten Pillen des Apothekers größtenteils verdrängt. Trotz Gegner beispielsweise aufgrund damit einhergehender Tierversuche spricht der hohe Marktanteil an Pharmazeutika für sich. Arzneimittel werden in Massen produziert und sollten dennoch keine Konsumartikel sein oder eine gesunde Lebensweise ersetzen.

Von der Pflanze zur Synthetik

Ursprünglich wurden in der Arzneimitteltherapie (Pharmakotherapie) ausschließlich Heilpflanzen verarbeitet. Bis zum heutigen Zeitpunkt haben synthetische, halbsynthetische und menschliche Rohstoffe wie

  • chemische Elemente und Verbindungen
  • Stoffwechselprodukte oder Bestandteile von Tieren, Bakterien oder Viren

die Palette der Inhaltsstoffe bereichert.

Hilfsstoffe und Wirkstoffe in Medikamenten

Neben Wirkstoffen beinhaltet jedes Medikament Hilfsstoffe wie Wasser, Gelatine oder Zellulosederivat. Sie ermöglichen die Verarbeitung in die richtige Zubereitungsform, erleichtern die Konservierung und können die Wirkstofffreigabe verändern. Überdies fungieren sie als Trägerstoffe, die die Wirksubstanz zur richtigen Zeit an die gewünschte Stelle des Körpers transportieren.

Tabletten, Filmtabletten und Dragees

Tabletten bestehen aus Pulver, das mit Hilfe von Bindemitteln in Form gepresst wird und den enthaltenen Wirkstoff exakt dosiert bereithält. In vielen Fällen sind sie teilbar. Obwohl sie gelegentlich Probleme beim Schlucken bereiten sind sie in aller Munde. Damit es aufgrund ihres eigenwilligen Geschmacks nicht bitter aufstößt, werden sie teilweise mit einer Hülle bekleidet, deren unterschiedliche Beschaffenheit ihren Namen entscheidet. So entstehen Filmtabletten, die mit einer dünnen Lackschicht (Polymer) vorlieb nehmen müssen und Dragees, deren mehrschichtiger ellipsenförmiger Überzug aus Zuckermasse in verschiedenen Farben schillert. Beide sind leichter zu schlucken als ihre unbehandelten Verwandten.

Der Überzug hat Identitätscharakter

Die Medikamentenhülle schützt den gesundheitsversprechenden Inhalt vor äußeren Einflüssen. (Licht, Sauerstoff, Feuchtigkeit) Aufgrund der Vielzahl an Pharmazeutika setzt ihre Farbe und Beschaffenheit neben Marketingzwecken ebenso einen optischen Reiz, um Verwechslungen vorzubeugen. Durch den Überzug kann die Wirkstoffabgabe gesteuert werden.

Der Einnahmerhythmus von Medikamenten

Damit im Blut eine annähernd gleichbleibende Wirkstoffkonzentration erreicht wird, werden Arzneien bis zu mehrmals täglich verordnet. Der Einnahmerhythmus wird aus der Halbwertszeit abgeleitet, die sich auf den Zeitraum bezieht, indem die Hälfte der Wirksubstanz vom Körper ausgeschieden wurde. Längere Zeit im Körper bleibende Inhaltsstoffe haben sich am besten bewährt. Wird eine Tablette zu früh oder zu spät eingenommen oder vergessen, sind kaum Wirkungsschwankungen zu erwarten.

Magensaftresistente und Retardtabletten

Bei herkömmlichen Tabletten steigt die Wirkstoffkonzentration nach dem Schlucken des Arzneimittels beträchtlich an und klingt langsam ab. In absehbarer Zeit muss eine neue Dosis folgen. Retardtabletten oder beispielsweise MR-Präparate („modified release“) haben den Vorteil, dass ihr Wirkstoff durch die enthaltenen Hilfsstoffe über einen längeren Zeitraum in stetig gleicher Konzentration abgegeben wird. Die Wirkung setzt langsamer ein und hält länger an. Die Einnahmehäufigkeit kann reduziert werden. Magensaftresistente Tabletten wandern von der Magensäure unbehelligt durch die Magenpassage und lösen sich erst im Zwölffinger- oder Dünndarm auf, wo sie gebraucht werden. Überzogene oder magensaftresistente Arzneien sollten aufgrund ihrer Schutzfunktion nicht geteilt, zerdrückt, zermörsert oder gekaut werden.

Der Weg einer Tablette

Ein geschlucktes Medikament zerfällt im Magen oder Darm. Die Wirksubstanz wird dort herausgelöst, resorbiert und durch die Anknüpfung an ein passendes Protein über den Blutkreislauf weitertransportiert. Am Zielort binden sich die Wirkstoffteilchen an bestimmte Rezeptoren und erzeugen durch die entstehenden Wechselbeziehungen Wirkung und Nebenwirkungen. Ein Teil der Arzneisubstanz wird bei der Verteilung gespeichert, sofort oder nach einer Biotransformation von der Leber oder Niere ausgeschieden.

Schmelz- und Kautabletten für den schnelleren Wirkungseintritt

In die Mundhöhle applizierte Arzneien wie Schmelz-, Kautabletten oder Sprays wirken schneller als den Magen-Darm-Trakt passierende. Die Wirksubstanz breitet sich augenblicklich in hoher Dosis im Speichel aus und wird dort von den Kapillaren, (kleinste Blutgefäße) die nahe an der Oberfläche der Mundschleimhaut liegen, aufgenommen und ohne Umwege in den Blutkreislauf transportiert.

  • Schmelztabletten zergehen nach der Einnahme langsam wie Butter im Mund und sollten nicht zerbissen oder gelutscht werden. Sublingualtabletten schmelzen unter der Zunge und Buccaltabletten in der Wangentasche.
  • Zerbeißkapseln müssen schnell wirken. Ein Beispiel sind Nitroglyzerinkapseln für Herzkranke oder alternativ verwendeter Nitroglyzerinspray, der unter die Zunge gesprüht wird.

Kapseln

Kapseln schützen ihren Inhalt, der Wirk- und Hilfsstoffe als Pulver, Granulat, kleineren Kapseln oder Flüssigkeit bereithält, mit einer löslichen Hülle aus Hart-, Weichgelatine oder Cellulose. Sie sind nicht teilbar, ein Öffnen ist vor dem Schlucken in einigen Fällen möglich. Aus pulverhaltigen Kapseln können Inhalate hergestellt werden.

Die richtige Aufbewahrung

Die Schlagworte verschließbarer Schrank, trockene und kühle Lagerung sind im Zusammenhang mit Medikamenten allgemein bekannt. Sinnvollerweise sollten sie in die Tat umgesetzt werden. Im Badezimmer oder in der Küche beeinträchtigt die vorherrschende Wärme und Feuchtigkeit die Arzneimittel-Qualität. Kapselhüllen können überdies brüchig oder klebrig werden. Welche Substanzen idealerweise im Kühlschrank aufbewahrt werden, ist der Packungsbeilage zu entnehmen. Pharmazeutika, deren Verfallsdatum erreicht wurde, sollten nicht in den Ausguss gespült, sondern in die Apotheke zurückgebracht werden.

Missbrauch von Medikamenten

Unterdosierungen können mit Unwirksamkeit einhergehen, während Erhöhungen der empfohlenen Menge keine Wirkungssteigerung, sondern das Risiko stärkerer Nebenwirkungen oder entstehender Abhängigkeiten bedingen. Die missbräuchliche Verwendung schließt die Weitergabe von persönlich verordneten Medikamenten an Bekannte, die von ähnlichen Beschwerden gequält werden, mit ein. Nicht jedes Therapeutikum ist für jede Person geeignet. Unverträglichkeiten, Vorerkrankungen und der Gesundheitszustand sollten durch eine vorhergehende ärztliche Diagnose abgeklärt werden.

Die richtige Einnahme

  • Alle wichtigen Informationen bezüglich Lagerung, Einnahmezeit (eventuelle Nüchterneinnahme) und Teilbarkeit sind der Packungsbeilage zu entnehmen. Die angegebenen Neben- und Wechselwirkungen sowie Gegenanzeigen geben Aufschluss über mögliche Gefahren.
  • Schwer schluckbare Tabletten rutschen mit einem Bissen Banane oder einem Löffel Joghurt leichter. Um diesbezügliche Wechselwirkungen mit Nahrungsmitteln zu vermeiden, ist ein Glas Wasser die risikoärmste Einnahmemethode. Die richtige Kopfposition beim Schlucken befördert große Tabletten auf ihren vorbestimmten Weg. Er wird leicht nach vorne geneigt, sodass die Arznei und die Flüssigkeit den Schluckkanal gleichzeitig und nicht wie bei rückwärts geneigtem Kopf, nacheinander passieren.
  • Alkohol und Medikamente harmonieren nicht miteinander. Werden regelmäßig Schmerzmittel geschluckt, ist Alkohol grundsätzlich zu vermeiden. Die unselige Kombination kann zu Blutungen im Magen-Darm-Trakt führen oder das Risiko von Lebererkrankungen drastisch erhöhten. Viele Medikamente reduzieren zudem die Fahrtauglichkeit.

Medikamente können bei schweren Erkrankungen ein Segen sein. Gefährlich wird der verschwenderische und gedankenlose Umgang mit den vielversprechenden Allheilmitteln, woraus Abhängigkeiten und Langzeitschäden resultieren können. Ein gesunder Lebensstil hilft mit, im Bedarfsfall nicht alle Hoffnungen auf Pharmazeutika zu setzen.

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