Biosprit E10 – Wie er nachhaltiger werden kann

E10 stand bis jetzt in der Kritik, zumal wenn das Ethanol aus Lebensmitteln gewonnen wird. Doch der Biosprit muss nicht den Hunger in der Welt steigern.

Nach der Einführung des Biokraftstoffs E10 entbrannte ein öffentlicher Streit darüber, ob dieser tatsächlich eine Alternative zu herkömmlichem Benzin sei. Während die Befürchtung, manche Autos könnten den Kraftstoff nicht vertragen, in vielen Fällen ausgeräumt werden konnte, hielten viele potentielle Nutzer noch Zweifel an der Nachhaltigkeit zurück. Auch der vergleichsweise oft günstigere Preis des Biosprits an den Zapfsäulen änderte nichts an dem Umstand, dass der Zuspruch dafür bis heute eher verhalten ausfällt.

Aus Getreide hergestelltes E10 lässt Lebensmittelpreise steigen

Einer der Hauptgründe, den Kritiker von E10 Kraftstoff anführen, ist, dass der Biosprit, wenn er zum Beispiel aus Getreide oder Mais gewonnen wird, zu einer weiteren Verknappung dieser Lebensmittel beiträgt. Je mehr davon für die Herstellung von Bioethanol für E10 verwendet wird, desto weniger steht im Gegenzug für Lebensmittel zur Verfügung. Dabei reichen diese Lebensmittel auf den bisherigen Ackerflächen schon jetzt nicht aus, um die gesamte Weltbevölkerung zu ernähren. Zu den aktuell (2012) über 7 Milliarden die Erde bewohnenden Menschen kommen jährlich 78 Millionen hinzu. Damit keiner von ihnen jetzt oder in Zukunft Hunger leiden müsste, wäre bis 2050 eine Verdopplung der Agrarproduktion vonnöten. Die globalen Anbauflächen in Höhe von gut 1,5 Milliarden Hektar sind allerdings längst nicht mehr soweit ausbaufähig. Und das Roden von Regenwäldern ist aus Klima- und Artenschutzgründen zu vermeiden. Das Welthunger-Problem ist also auch ohne E10 aus Lebensmitteln schon groß genug.

Deutscher Verbrauch von Getreide übersteigt den im Land erzielten Ertrag

Hinzu kommt, dass in Deutschland ohnehin schon mehr Getreide verbraucht als hierzulande angebaut wird. Der Erntemenge in Höhe von 41,5 Millionen Tonnen stand beispielsweise 2011 ein Bedarf von 44 Millionen Tonnen Getreide entgegen. Das heißt, 3,5 Millionen Tonnen Getreide mussten in jenem Jahr aus dem Ausland importiert werden. Von der erzielten Getreideernte wurden dann bereits 6% für die Verarbeitung in E10 gebraucht. Dies dürfte zum jetzigen Zeitpunkt nicht weniger geworden sein.

In den USA wird bereits 40 Prozent des geernteten Mais für die Produktion von Biosprit verwendet. Das ist mehr, als für Futtermittel angebaut wird. Verantwortlich für diese Entwicklung ist die dortige Beimischungspflicht: Die US-amerikanischen Raffinerien sind seit 2005 dort gesetzlich verpflichtet, dem hergestellten Benzin bis zu 10% aus Pflanzen gewonnenes Ethanol beizumischen. In Deutschland ist es noch nicht so gravierend. Allerdings fließen auch hier von den hierzulande für den Ackerbau genutzten 16,7 Millionen Hektar immerhin schon 2,1 Millionen Hektar in den Anbau von für die Energieherstellung notwendigen Pflanzen.

EU-Kommission will Anteil an Lebensmitteln für die E10 Herstellung auf 5% senken

Bis 2020 sollen insgesamt 10% der bisherigen Kraftstoffe durch nachhaltigeren Sprit ersetzt werden. Gleichzeitig sollen die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich um 6% reduziert werden. Der Anteil an Futtermitteln soll bis dahin die Hälfte weniger ausmachen. Langfristig lautet das Ziel, dass gar keine Lebensmittel mehr für die Herstellung von Biokraftstoffen verwendet werden sollen. Statt Mais, Getreide und Raps werden dann Algen, Holzspäne, Stroh, Klärschlamm oder auch Abfälle als Rohstoff hierfür genutzt.

Herstellung von Biobenzin in Deutschland aus Stroh wird bereits erforscht

Schon jetzt forschen 23 Unternehmen und 15 Universitäten in der Bundesrepublik nach Methoden, mit denen E10 in Zukunft nachhaltig und ohne Verwendung von Lebensmitteln als Rohstoff hergestellt werden kann. Der Ausbaubedarf ist vorhanden, zumal die Zahl der aktuell zur Verfügung stehenden Anlagen dazu in diesem Land noch eingeschränkt ist.

Die Firma Süd Chemie in München Straubing, die ein Verfahren für die Herstellung von E10 aus Stroh entwickelt hat, hat bisher gerade mal eine Kapazität von 1000 Tonnen – ein Bruchteil dessen, was in Deutschland insgesamt an Sprit gebraucht wird. Dieser Bedarf beträgt insgesamt 50 Millionen Tonnen. Hinzu kommt, dass allein das Stroh, das deutschlandweit hierfür verwendet werden könnte, nur 15% des Spritbedarfs der Deutschen decken wird, wenn die notwendigen Produktionsanlagen alle installiert sein werden. Jedoch arbeitet und forscht auch dieses Unternehmen auf Hochtouren daran, die Effizienz der E10-Herstellung, bei der mittels Hefen die Zuckerarten Glukose, Xylose und Arabinose in Bioethanol umgewandelt wird, zu erhöhen. Durch das von ihr erfundene, Sunliquid genannte Verfahren werden die Hefen so verändert, dass alle Zuckerarten umgesetzt werden können. Dadurch erhöht sich die Ergiebigkeit der Ethanolgewinnung um 50%.

Die zweite große Anlage zur Herstellung von E10 ist Bioliq in Karlsruhe. Es handelt sich um eine Pyrolyseanlage. Dies ist eine Anlage, bei der aus dem verwendeten Stroh eine Masse aus Koks, Slurry genannt, hergestellt wird. Diese Anlagen haben den Vorteil, dass sie vergleichsweise preisgünstig sind und somit flächendeckend gebaut werden könnten.

Biosprit aus pflanzlichem Müll mittels Enzyme

In einigen Ländern wie etwa China wird für Kraftstoff verarbeitetes Ethanol bereits erfolgreich aus pflanzlichem Abfall gewonnen, weitere wollen nachziehen. Eine dänische Firma stellt unter anderem die Enzyme her, mit denen aus Pflanzenresten Ethanol extrahiert wird. 85% ihres Umsatzes mit diesem Enzym erzielt das Unternehmen übrigens durch die USA.

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