Der ewig neugierige Blick in die Zukunft

Nicht zu wissen, was in der Zukunft geschehen wird, macht vielen Menschen Angst. Doch ist die Zukunft wirklich vorhersehbar?

Der Mensch ist zwei Anziehungskräften unterworfen: denen der äußeren Welt und denen der inneren Mitte. Hingezogen zum Äußeren versinkt er in Ungewissheit und Unruhe, bis hin zur Angst; hingezogen zum Inneren findet er Gewissheit und Ruhe. Dennoch hält ihn die Welt draußen in Atem und mit ihr die eigene Zukunft. Die Zukunft ist wie ein Buch mit sieben Siegeln. Es offenbart seinen Inhalt erst, wenn die Siegel gebrochen sind. Mit der Zukunft verhält es sich nicht anders. Erst wenn Zukunft Gegenwart ist, wissen wir um sie.

So verleitet sie zu Spekulationen und beschert Wahrsagern Hochkunjunktur. Eine der wohl populärsten Hellseherin des letzten Jahrhunderts war Jeane Dixon. Treffsicher sagte sie für die US-amerikanischen Wahlen 1960 voraus, dass ein Demokrat gewinnen und während seiner Amtszeit ermordet werden würde: John F. Kennedy. Wochen vor Kennedys Tod soll sie eine Freundin des Präsidenten beschworen haben, er müsse die Reise nach Dallas absagen.

Wahrsagern und Sehern wurde zu allen Zeiten ein Ohr geschenkt

Was die Zukunft bringen wird, damit beschäftigten sich Menschen zu allen Zeiten. Als Aberglauben die Menschen noch stark umgab, waren Deutungen in die Zukunft auch damals schon ein lukratives Geschäft. Magiern, Alchemisten und Astronomen, denen man seherische Fähigkeiten zutraute, wurde unterstellt, sie stünden mit finsteren Mächten in Verbindung. Einer der ganz großen Seher im ausgehenden Mittelalter war Nostradamus (1503-1566). Seine berühmten Centurien – Prophezeiungen, bestehend aus drei Mal hundert und einmal 53 ‚Quatrains‘ genannten Strophen zu jeweils vierzeiligen Versen, machten ihn schon zu Lebzeiten bekannt. Nur enthielten seine Prophezeiungen fast nie Zeitangaben und Namen und ließen somit vieles offen.

Der ungebrochene Glaube an Propheten

Auch wenn die Menschen heutiger Zeit dem Aberglauben entwachsen sind, wollen sie um ihre Zukunft wissen. Nikki Pezaro beispielsweise ist eine begehrte Wahrsagerin der Gegenwart. Prominente wie Cher und Tom Cruise gehören zu ihren Stammkunden. Sie berät nicht nur individuell, sondern wagt auch allgemeine Vorhersagen über Katastrophen, Sport, Modetrends und Stars. Für 2008 sagte sie das Erdbeben in Griechenland voraus, für 2009, dass Michael Jackson sterben würde. Für den 21. Dezember dieses Jahres ist gar der Weltuntergang prophezeit. Nicht von Jeane Dixon und auch nicht von Nikki Pezaro, sondern schon lange vorher von Nostradamus und dem Maya-Kalender. Genau zur Wintersonnenwende am 21. Dezember des Jahres 2012 soll es geschehen. Gibt es tatsächlich Menschen, die in die Zukunft schauen können?

Die Parawissenschaft hat große Zweifel am Wahrsagen

Für die „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften“ (GWUP) sind Wahrsager schlicht Scharlatane. Die Gesellschaft führt die vermeintlichen Erfolgsergebnisse auf dreierlei Fakten zurück:

  • Der Wahrsager gibt vor, den Lebensverlauf seines Klienten zu „sehen“. Dabei ahnt er nur einige Zusammenhänge durch Erscheinungsbild und Verhalten des Klienten. Ist seine Bekleidung von der Stange oder von einen bekannten Modedesigner? Trägt er einen Ehering am Finger oder sonstigen Schmuck? Sitzt der Kunde aufrecht oder gebeugt da? Spricht er gewählt oder eher die Sprache der Straße? Aus all dem lässt sich eine Menge schließen und als Gabe verkaufen.
  • Auf den so genannten Barnum-Effekt. Er bezeichnet die Neigung, vage und allgemeingültige Aussagen als zutreffende Beschreibung für die eigene Person zu akzeptieren. Wahrsager machen sich dies zunutze. Zeitungshoroskope sind ein klassisches Beispiel für den Barnum-Effekt.
  • Der dritte Faktor nennt sich „selbsterfüllende Prophezeiung“. Ein Beispiel: Wer wäre nicht verunsichert, wenn für den 31. Juli 2012 ein Unfall geweissagt wurde? So kommt es laut der GWUP nicht selten vor, dass sich der Betreffende aus lauter Angst besonders ungeschickt und ängstlich anstellt und an diesem Tag einen Unfall auslöst.

Der Markt der Wahrsager boomt. Oft ist eine Trennung oder ein tragisches Ereignis der Grund, einen Wahrsager aufzusuchen. Die Wahrsagergilde gibt sich einfühlsam und geht nach den vorgenannten Schemas vor. Der Mathematikprofessor John Allen Paulos prägte den Begriff „Jeane-Dixon-Effekt“. Will heißen je mehr Ereignisse vorausgesagt werden, desto größer ist die Chance, dass ein oder zwei davon eintreffen. Diese bleiben dann im Gedächtnis der Menschen haften und beeindrucken. So ist die Weissagerei um die eigene Zukunft immer wieder eine Versuchung wert.

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