Fasten im Advent zwischen Tradition und Moderne

Adventszeit war Fastenzeit bis Anfang des 20. Jahrhunderts.

Die christlichen Fastentradition in der vorweihnachtlichen Zeit. Bedeutung des Fastens als ausgewählter oder alternativ kompletter Nahrungsverzicht bis in die Gegenwart.

Obwohl in der heutigen Adventszeit mit den unzähligen Schlemmereien kaum noch vorstellbar, gehörte dieser Zeitraum ursprünglich zu den Fastenzeiten. Fasten als Teil der christlichen Tradition ist seit dem 4. Jahrhundert bekannt. In seiner althochdeutschen Wortbedeutung sind es das Festhalten an Regeln und Gebote zur Enthaltsamkeit.

Nahrungsverzicht als christliche Tradition im Advent

In der Adventszeit orientierte sich der Christ an Verpflichtungen zum Verzicht, Milchprodukte, Fleisch oder Eier wurden nicht gegessen. Fasten in diesem Sinne war keine Nulldiät, sondern schloss gezielt Nahrungsmittel aus.

Drei Varianten sind bekannt. Bei streng veganem Fasten werden grundsätzlich bis auf Honig keine tierischen Produkte, weder Öl noch Alkohol zu sich genommen. Alternativ gibt es eine Fastenzeit, in der Wein, Öl sowie Weichtiere wie Schnecken, Tintenfisch oder Muscheln erlaubt sind. In der mildesten Art des Fastens ist Fisch gestattet. Grundsätzlich wurden Stufen und Zeiten des Fastens von Kirche zu Kirche verschieden interpretiert.

Vorwiegend begann die Fastenzeit nach dem Martinstag am 11. November und endete am 6. Januar. In diesem Zeitraum wurde an 40 Tagen und Nächten gefastet. Die Martinsgans war das letzte Festessen vor der enthaltsamen Zeit. Die Zahl 40 bezieht sich auf den Zeitraum des Fastens Jesu in der Wüste sowie auch auf die 40 als wiederholte Zeitangabe in der Bibel.

Bedeutung des christlichen Fastens

Christlich bewertet wurde der Sündenfall durch Nahrungsaufnahme vollzogen. Mit Fasten als Nahrungsverzicht wird daran erinnert. So war es früher Sitte, das am Tag von Adam und Eva, dem 24. Dezember, kein Apfel gegessen werden durfte. Viele Jahrhunderte hindurch war die Adventszeit für Christen durch strenge Regeln geprägt, weltlich zugewandte Freuden wie öffentliches Vergnügen, Tanzen oder Eheschließungen waren untersagt.

Auf Fleisch wurde verzichtet, um dem Tod Jesu zu gedenken. Fasten im Advent war Einschränkung im Rahmen tätiger Buße, nur zwei kleine Stärkungen pro Tag und eine volle Mahlzeit erlaubt. Es gehörte zu den Methoden der inneren Einkehr. Geistlich geprägt sollte die Fastenzeit im Advent bei den Gläubigen seelische Reinigung, Konzentration und Neuausrichtung zu Gott unterstützen.

Christen pflegten in dieser Zeit die Kontemplation – religiöse Versunkenheit und Beschaulichkeit bei gedrosseltem Energiehaushalt des Körpers. Schweigen und geschlechtliche Enthaltsamkeit ergänzte teilweise die Fastenzeit und sollten helfen, die Grenze zwischen Körper und Geist zu überwinden.

Ab dem 16. Jahrhundert lockerten sich die strengen Vorgaben, die Katholische Kirche verlangt das Adventsfasten seit 1917 nicht mehr. Die Evangelische Kirche schrieb das Fasten nicht vor, Luther sah es als eine Art individuelles Trainingsprogramm und lehnte die starre Vorgabe ab.

Aktualität des Fastens im Advent

In einigen Ländern und regionalen Glaubensgemeinschaften wird das Fasten im Advent immer noch ausgeübt. So ist beispielsweise im katholisch geprägten Polen das vorweihnachtliche Fasten gegenwärtig, beginnend mit dem ersten Advent und anlässlich des Heiligen Abends zu Ende.

In evangelischen Kirchen wird die Fastenzeit neu entdeckt und interpretiert. Es geht weniger um das Aufleben der alten Speiseregeln, sondern mehr um das Aufbrechen alter Gewohnheiten. Fasten wahrgenommen als Chance, um sich der Reizüberflutung durch Medien, Telefon, Internet und dem Konsum zu entziehen. Gleichfalls als Pause von Alkohol, Nikotin und anderen Süchten. Als Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen, sich zu besinnen und auf Wesentliches zu konzentrieren.

Auch andere Religionen kennen das mehrwöchige Fasten. Beispielsweise im Rahmen des Islam fasten Gläubige zu Ramadan im August/September, verweigern Handlungen wie das Essen am Tag. Der Islam begreift den Nahrungsverzicht als Form, seine Willensstärke zu üben und sich seelisch zu reinigen. Auch soll jeder Gläubige das Gefühl des Hungers kennen, um Mitgefühl für an Hunger Leidende entwickeln zu können.

Fasten im Advent als Trend

Mittlerweile hat die Wellnesswelle das alte Brauchtum des Adventsfastens für sich entdeckt. Vielerorts werden derartige Angebote beworben, von Seminaren über Wanderungen bis zu mehrwöchigen Kuren mit Programm. Auch Klöster offerieren den Aufenthalt zur Adventszeit mit Fastenspeisen.

New Age-Trends bieten Adventsfasten als Kombination verschiedener Diäten, Meditationen und Entspannungsübungen, Massagen, Shiatsu, Reiki und Feldenkrais. Übernommen ist hier nur das Merkmal der inneren Einkehr.

Oft angeboten als Adventsfasten wird auch Heilfasten mit komplettem Nahrungsverzicht. Heilfastenkuren zurückgehend auf Erkenntnisse von Otto Buchinger werden mit aktiver Bewegung, Massagen, Bädern, Vorträgen und Atemschulungen begleitet und sollen starke spirituelle sowie psychotherapeutische Wirkung haben.

Fasten als mehrwöchiger Nahrungsverzicht umstritten

Die gesundheitliche Wirksamkeit von Fastenkuren, die komplett auf Nahrung verzichten, ist sehr umstritten. Da vor gesundheitlichen Risiken gewarnt wird, sollte man sich vorab von seinem Hausarzt beraten, einen persönlichen Gesundheitscheck durchführen lassen.

Bei völligem Nahrungsverzicht können wichtige Organe langfristig durch Übersäuerung geschädigt werden. Gewichtsabnahmen sind wirksamer durch eine Ernährungsumstellung auf ballaststoffreiche, fettarme Nahrung erreichbar, Fasten birgt die Gefahr des Jo-Jo-Effekts.

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