Freiwillige Selbstkontrolle der Fleischerinnung

Verbraucher und Profis testen Produkte aus Waldeck-Frankenberg. Fleisch ist in aller Munde. Doch wer kontrolliert eigentlich die Qualität der Produkte? Ein Vorortbesuch in Waldeck-Frankenberg.

Es war ein Fest. Allerdings keines, welches Vegetariern gefallen hätte. Für die einen waren die folgenden zwei Stunden Teil des Jobs, für die anderen die längste Verkostung der Welt. Alle Sinne, vom Tasten übers Riechen bis zum Schmecken, sind gefragt im Lehrrestaurant der beruflichen Schulen Korbach. Am Ende steht fest: Die Fleischer in Waldeck-Frankenberg verstehen etwas von ihrem Handwerk. Und: Korbacher Hausfrauen sind strenge, aber kompetente Richterinnen.

Eng sind die Pappschälchen aneinandergereiht. Auf ihnen warten Dodenauer Jagdwurst, Korbacher Teewurst, Fleischsalat aus Arolsen und die berühmte „Ahle Worscht“ auf ihr Ende; geduldig, höchstens die Wurst mit Geleeumrandung zittert etwas.

Die Tischinseln sind zweigeteilt. Auf der einen Seite sitzen die Profis, Meister des Fleischerfaches, Obermeister gar. Zehn von ihnen haben sich in Gruppen aufgeteilt. Vor ihnen liegt ein gutes Stück Arbeit, neben ihnen der Benotungszettel. Und unter dem Tisch ein Mülleimer mit „Fleischerei Fachgeschäft“-Logo. Hier landen die Wurstproben, wenn die Fachkundigen sie genügend analysiert haben.

Eine Heidenarbeit

Es geht um das Äußere wie die Speckhülle; um die Zusammensetzung wie die Gewürzverteilung; um die Konsistenz (eine schwammige kann das Urteil verhageln). Aber vor allem geht es um den Geruch und den Geschmack. Würzung, Fleischaroma, Rauchgeschmack, alles muss stimmen. Wessen Wurst hier lakig, dumpfig, muffig oder faulig schmeckt, wie es im Bewertungsbogen abgefragt wird, der hat verloren.

Günter Mühlhausen schaut heute ganz genau hin, die Brille stets auf der Nasenspitze. Ja, man erkenne die Spezialitäten und speziellen Gerüche aus dieser Region. Sorgsam wiegt er einen mit Gelee ummantelten Kochschinken in der Hand hin und her. „Das ist eine Heidenarbeit“, weiß anerkennend nickend Tischnachbar Rudi Döring. Er habe das auch mal probiert, mit den Gelees. Aber der Aufwand sei zu groß.

Während die Profis kosten, abschmecken und wieder weglegen, wagen sich die Mitglieder des Korbacher Hausfrauenverbandes an Schinkenwurst und Co. Hier sitzt geballtes Fachwissen am Tisch, das sich zwar nicht mit einem Meisterbrief aus-, dafür aber jahrzehntelange Einkaufserfahrung vorweisen kann. Gepresste Billigwurst kommt bei den etwa 15 Damen nur auf den Tisch, wenn der Metzger des Vertrauens gerade seine Ladentheke saniert. Und dann auch nur im absoluten Notfall, so scheint es.

Es ist eine lustige Runde, die hier zusammengekommen ist. Hanne Döhler und Maria Käfer etwa bilden ein Team. „Bis jetzt schmeckt es uns sehr gut“, verraten beide. Die Tischnachbarn haben hingegen schon die zweite Leberwurst aussortiert – zu muffig, erklärt die Testerin und zuckt kommentarlos mit den Schultern. Dann wenden sie und die anderen Hausfrauen sich wieder den Proben zu. „Zu viel Thymian und Majoran“, kommt bereits ein neues Urteil aus einer anderen Ecke.

Untersuchung auch im Labor

Das hier ist kein „Waldeck sucht die Superwurst“. Es geht um Kontrolle. An diesem Tag nimmt die Hälfte der 54 Innungsbetriebe aus dem Landkreis teil; anonym, alle Proben haben lediglich eine Nummer. Da ist es sogar für die Fleischer schwer, ihre eigenen Produkte, die zusätzlich im Labor untersucht werden, zu erkennen, geben sie zu.

Obermeister Hans-Georg Schneider (Bottendorf) ist genauso anwesend wie Oberprüfrichter Günther Stederoth aus Kassel. Der Ehrenobermeister lobt die „vorbildliche Schule“. Die Einrichtung und die Innung suchen momentan noch händeringend nach Auszubildenden – an den Chancen, Aufstiegsmöglichkeiten und der Schule kann es nicht liegen. Eigentlich hatten die Organisatoren gehofft, dass Schüler oder Interessierte vorbeischauen. Aber die Tür bleibt während der zwei Stunden zu.

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