Gentianaviolett-Farbtherapie gegen Candida-Pilze

Antimikrobiell wirkende Farbstoffe zur Anwendung auf der Haut. Das Bepinseln von Candida-Pilz-infizierten Hautstellen mit Gentianaviolett gilt als veraltete Methode. Die WHO stuft das Arzneimittel als wirksam und unverzichtbar ein.

Das Bepinseln infizierter Hautstellen – insbesondere bei Mundsoor (Bild) und Fußpilz – mit antimikrobiell wirkenden Farbstoffen galt lange Zeit als Heilmethode erster Wahl in der Dermatologie, wird aber heute hierzulande wegen der störenden Einfärbung kaum noch verwendet und oft als „Malen nach Zahlen“ verhöhnt. Weltweit mag man aber auf diese preiswerten und wirksamen Oldtimer nicht verzichten.

Gentianaviolett – Substanz mit vielen Namen

Gentianaviolett, einer der Pilz- und Bakterien-hemmenden Farbstoffe, ist keineswegs natürlichen Ursprungs – wie der Name (Gentiana = bot. Enzian) vermuten lässt – , sondern eine Substanz mit durchaus Gesundheit schädigenden und Umwelt gefährdenden Eigenschaften. Als Risiken werden mögliche zelltoxische, Wundheilung hemmende und Krebs erzeugende Wirkungen neben der (Ver-)Färbung von Haut und Textilien angegeben. Andererseits gilt der blauviolette Farbstoff als bewährt, wirksam und preiswert ohne Resistenzen der Keime hervorzurufen. Die Pilzwachstum hemmende Wirkung von Gentianaviolett ist stärker als beim Breitbandantimykotikum Clotrimazol!

Historisch gibt es keine einheitliche Verwendung der Substanz Gentianaviolett, die unter verschiedenen Namen bekannt ist (Gentianaviolett B, Pyoktanin, Methylviolett, Kristallviolett, Methylrosaniliniumchlorid). Um die Gefahren der Fehlzubereitungen und -anwendungen bei Therapeut, Apotheker und Patient zu reduzieren, wurden klare Richtlinien erstellt. Im Deutschen Arzneimittel Codex (DAC) und Neuen Rezeptur-Formularium (NRF) ist festgeschrieben, dass als Heilmittel nur mehr Methylrosaniliniumchlorid (MRC) als Reinsubstanz verwendet werden darf, da Methylviolett zum Beispiel auch zirka fünf Prozent andere Methyl-Verbindungen enthält. Im NRF wird MRC unter der Nummer 11.69 aufgeführt. Es wird auf kleinen Hautflächen in 0,5 %iger Konzentration und großflächiger 0,1 %ig angewendet.

Nutzen/Risiko-Abwägung in der Anwendung

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ABDA empfiehlt in den Rezepturen für Farbstoffe eine strenge Indikationsstellung. Zu beachten sind:

  • Beschränkung der Anwendungskonzentration,
  • Beschränkungen bei der Indikation, der Art und Lokalisation der Anwendung und der Anwendung bei Kindern,
  • Berücksichtigung therapeutischer Alternativen.

MRC wird wegen nachgewiesener Wirkungen gegen Gram-positive Bakterien wie Staphylococcus spp. und pathogene Pilze wie Candida spp. zum Einpinseln der Haut eingesetzt. Bei Neurodermitikern wurde nicht nur der gefürchtete Keim S. aureus bekämpft, sondern auch die Schwere der Ekzeme und die Hautreizung deutlich reduziert.

Bei Entzündungen auf trockenen Hautarealen bei atopischem Ekzem empfiehlt Prof. Abeck aus München eine ein- bis zweimal tägliche Anwendung mit 0,25 prozentiger Gentianaviolett-Lösung über den Zeitraum von maximal sechs Wochen. MRC ist auch zur Behandlung von Mischinfektionen an den Füßen und bei MRSA-infizierten Geschwüren geeignet.

Während MRC in hohen Konzentrationen die Wundheilung hemmt, bewirken Konzentrationen noch unterhalb der NRF-Rezepturempfehlungen das Gegenteil: sie fördern die Wundheilung und hemmen den Reiz (antiirritativ). Auch die in Tierstudien vermutete Kanzerogenität scheint bei Menschen nicht aufzutreten. Trotz dieser positiven Eigenschaften gilt MRC als unspezifisches Lokalantimykotikum zweiter Wahl und wird in den deutschen Therapieleitlinien zur Behandlung von Candidosen der Haut aktuell nicht mehr erwähnt.

Weltweit sieht das anders aus: Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft die MRC-Lösung 0,5 % zur Anwendung auf der Haut als unverzichtbares Arzneimittel ein. Das Experten-Kommittee kam in einer Risikoanalyse von MRC zu dem Schluss, dass der Nutzen (einschließlich der geringen Kosten) größer als die Risiken einzuschätzen sind.

Therapie von Candida bei AIDS

Mundraum und Speiseröhre werden bei HIV-positiven Patienten meistens durch Candida-Pilze befallen. Beim Vergleich alternativer Arzneimittel zeigte sich Gentianaviolett als wirksamste preiswerte Alternative zu den Standard-Antimykotika wie Fluconazol und Nystatin, auch gegen Fluconazol-resistente Stämme.

Fazit – Wirkungsvoll, aber man muss die Farbe lila schon sehr mögen

Zu einem absoluten Revival von Gentianaviolett wird es hierzulande nicht mehr kommen, aber bei Verwendung qualitativ reinen Rohstoffs (MRC) und eindeutiger Rezepturen ist diese antimikrobielle Therapie als vorübergehende Maßnahme durchaus sinnvoll. Man muss die Farbe lila jedoch schon sehr mögen….

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