Hochbegabung bei Kleinkindern

Merkmale und Zeichen bei Kindern bis zum Kindergartenalter. Im Hinblick auf eine optimale Entwicklung ist es wichtig, Hochbegabung bereits bei Kleinkindern zu erkennen und zu fördern.

Liest man über Hochbegabung bei Kindern, so wird immer wieder betont, wie wichtig es ist, hochbegabte Kinder möglichst früh zu fördern. Das Problem hierbei ist, dass es insbesondere für Babys und Kleinkinder keine „wissenschaftlichen“ Methoden gibt, Hochbegabung zu erkennen, da in diesem Alter Intelligenztests praktisch nicht anwendbar sind. Was also tun?

Aufgrund langjähriger Erfahrung von Eltern, Erziehern, Psychologen und Kinderärzten gibt es eine Sammlung von Merkmalen, die auf Hochbegabung bei Kleinkindern hinweisen können.

Zwei Komponenten der Hochbegabung im Kleinkindalter

In diesem Alter hat Hochbegabung meist zwei wahrnehmbare Komponenten: den Entwicklungsvorsprung und eine qualitative Komponente. Den Entwicklungsvorsprung erkennt man noch relativ leicht; kann ein vierjähriges Kind seine Bilderbücher lesen, so ist er mehr als offensichtlich. Die qualitative Komponente lässt sich weniger direkt wahrnehmen; sie ist dennoch wichtig, um ein wirklich hochbegabtes Kind von einem „Schnellentwickler“, der früher oder später von seinen Altersgenossen eingeholt wird, zu unterscheiden.

Merkmale der Hochbegabung im Babyalter

Als Baby ist Hochbegabung natürlich am schwierigsten festzustellen; stellt sich im Kleinkindalter die Frage der Hochbegabung, so können diese Merkmale auch rückblickend hilfreich sein:

  • benötigt weniger Schlaf
  • auffallend großes Interesse an Umgebung, kaum Furcht vor fremden Gegenständen, Gesichtern etc.
  • wehrt sich gegen Kinderwagen und Tragevorrichtungen, in denen es nichts von der Umwelt sieht
  • frühes Sitzen, Krabbeln und Gehen (oft schon vor dem ersten Geburtstag)
  • gute, frühe Feinmotorik (blättert Bücher mit Daumen und Zeigefinger um)
  • versteht mit 10 Monaten oft schon mehr als 100 Wörter
  • spricht Zwei-Wort-Sätze oft schon vor dem ersten Geburtstag (normalerweise um das zweite bis dritte Lebensjahr)
  • überspringt beim Lernen von Fähigkeiten oft eine oder mehrere Vorstufen (z.B. direkt vom Sitzen zum Gehen)

Merkmale der Hochbegabung im Kleinkindalter

  • braucht permanente Beschäftigung, kann sich dann aber auch wieder über weite Strecken selbst beschäftigen (Verarbeitung)
  • besondere Sensibilität, reagiert z. B. stark auf Streit in der Umgebung
  • langweilt sich bei altersentsprechenden Spielen, beherrscht und genießt Spiele für höhere Altersstufen (meist zwei Jahre höher)
  • spielt am liebsten mit Kindern, die zwei bis drei Jahre älter sind
  • auffallend gutes Gedächtnis, kann sich oft schon vor dem zweiten Geburtstag Automarken, Blumennamen, Comicfiguren etc. merken; später: kann nach wenigen Wiederholungen, Lieder, Gedichte oder ganze (Bilder-)Bücher auswendig.
  • entwickelt oft schon vor dem dritten Geburtstag ein eigenständiges Interesse für Zahlen und Buchstaben, beherrscht bis zu diesem Zeitpunkt oft schon das Alphabet und die Zahlen von eins bis zehn.
  • extrem wissbegierig, hört erst auf zu fragen, wenn es wirklich verstanden hat, gibt sich selten mit „kindgerechten“ Erklärungen zufrieden, „Warum“ – Fragen bereits um den zweiten Geburtstag
  • interessiert sich früh für den Computer, kann mit drei Jahren oft schon selbständig spielen
  • ist schon im zweiten Lebensjahr dazu fähig, die Rolle anderer Personen/Tiere/Objekte zu übernehmen. („Der Hund bellt, weil er nicht mag, an der Leine gehalten zu werden“; „Die Puppe träumt gerade von angsteinjagenden Tieren.“)

Ab dem dritten Lebensjahr, wenn die Kommunikation voll entwickelt ist, kann es eine ganze Menge Merkmale geben, die auf Hochbegabung hindeuten:

  • spricht auffallend gut, hat einen großen Wortschatz, verwendet altersuntypisches Vokabular
  • merkt sich Telefonnummern und kann selbständig telefonieren
  • beginnt, einfache Gesellschafts- und Kartenspiele zu spielen (in etwa in dieser Reihenfolge: Memory, schwarzer Peter, Uno, Mensch ärgere dich nicht, Domino, Quartett)
  • auffallender Gebrauch von Fremdwörtern und selbständiges Trainieren bis zum Beherrschen der korrekten Aussprache
  • ausgeprägter Humor und veralbern der Mitmenschen – bewusster Einsatz von Ironie
  • geht offen auf fremde Personen zu, verwickelt jeden sofort in ein Gespräch. Oft aber auch das Gegenteil, extreme scheu Fremden gegenüber
  • furchtsam in neuen Situationen, braucht lange, um sich auf Veränderungen einzustellen. Regelmäßiger, voraussehbarer Tagesablauf ist extrem wichtig.
  • Drängen auf das Erlernen einer Fremdsprache, eines Musikinstruments, einer Sportart oder einer speziellen Wissenschaft (z.B. Medizin).
  • sind fähig, über ihr eigenes Denken zu reflektieren (Kind: „Ich kann denken“.)

Sicher ist natürlich keines dieser Zeichen, und ein Fehlen schließt Hochbegabung nicht aus, genauso wenig wie das Vorliegen einer oder mehrerer dieser Merkmale Hochbegabung garantiert.

Als genereller Ratschlag kann gelten: Eltern wissen meist intuitiv, ob sie ein hochbegabtes Kind vor sich haben. Vorsicht ist jedoch geboten, dass man nichts in das Kind hineininterpretiert, um den elterlichen Stolz zu befriedigen.

Ist man sich dennoch nicht sicher, so ist es meist besser, das Kind als hochbegabt zu behandeln, bis man mehr Klarheit besitzt, entweder durch mehr auftretende Merkmale, oder später dann durch geeignete Tests. Stellt sich dann später keine Hochbegabung heraus, so hat man dem Kind kaum geschadet. Es gilt jedoch, sich immer von dem Kind führen zu lassen.

Ein hochbegabtes Kleinkind zu haben kann wundervoll sein, den Eltern jedoch einiges abverlangen – nicht umsonst wird oft gesagt: „Hochbegabung ist die schönste Form von Behinderung!“…

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