Kommt der Bierbauch vom Bier?

Woher kommt der Bierbauch eines Mannes? Ein Ausflug in Evolution, Medizin und auf das heimische Sofa – den Ursachen der „Plauze“ auf der Spur.

Während die Frauen ihre übermäßigen Pfunde bevorzugt in der Hüftregion und an den Oberschenkeln speichern, sind die Vorräte, die der Körper des Mannes für die „schwarzen Tage“ anlegt oft in Form eines kugeligen Bäuchleins sichtbar.

Problemzone Bauch

Die Ursachen für diese Gesetzmäßigkeit, die heutzutage so manches Ärgernis bringt, liegen rund ein- bis zwei Millionen Jahre im Steinzeitalter zurück. Die Fettdepots an Hüften und Oberschenkeln kamen Frauen in der Zeit der Schwangerschaft zugute. Für die Männer jedoch war es von Vorteil, an den Beinen nicht allzu viele Reserven mit sich herumzutragen, da sie bei der Jagd größere Laufstrecken zurücklegen mussten. So verlagerte der schlaue Körper beim Mann die Fettreserven über Jahrtausende in die Bauchregion.

Die Kugelform des Bauches hat ebenfalls ihren physiologischen Grund: die Fettdepots liegen beim Mann nicht subkutan, also nicht in einer Fettschicht direkt unter der Haut, sondern tiefer im Gewebe. Ein fetthaltiges Netz, in der medizinischen Terminologie Omentum majus genannt, ist zwischen den Darmschlingen angeordnet. Hier wird das Fett angesammelt. Die Fettreserven im Inneren führen zu einer hohen Spannung der Bauchdecke, der Bierbauch fühlt sich fest an. „Das kann doch kein Fett sein, der Bauch fühlt sich ganz fest an“, ist eine gängige Meinung.

Stammt der Bierbauch vom Bier?

„Bierbauch“ wird umgangssprachlich für den Fettbauch beim Mann gebraucht. Und das ist nicht nicht nur im deutschsprachigen Raum der Fall. Im Englischen spricht man von „beer belly“ oder „potbelly“, im Spanischen lautet die Bezeichnung „barriga cervecera“, wörtlich übersetzt „Bauch eines Bierbrauers“. Bei dieser Übereinstimmung müsste es doch eine Beziehung zwischen Bauch und Bier geben.

So haben sich auch Forscher mehrmals inspirieren lassen, den Zusammenhang zwischen dem Fettbauch beim Mann und dem Bierkonsum zu untersuchen. Überraschenderweise wurde bei den bekannten internationalen Studien keine empirische Abhängigkeit des Bauchumfanges vom Bierkonsum entdeckt.

Bei der größten Studie der letzten Jahre wurden von britischen Forschern Daten von 891 Männern und 1098 Frauen zwischen 25 und 64 Jahren erhoben. Die Probanden stammten aus der tschechischen Republik, wo der Bierkonsum am höchsten ist. Keine nennenswerte Verbindung zwischen Biertrinken und Fettleibigkeit konnte ermittelt werden.

Eine indirekte Verbindung zum Bierkonsum

Jedoch sehen auch Forscher und Ärzte nach wie vor einen Zusammenhang zwischen Biertrinken und dem Panniculus adiposus, wie der Fettbauch beim Mann medizinisch bezeichnet wird.

Rein physiologisch schon bedeutet Biertrinken eine Kalorienzufuhr für den Körper. Eine 0,5l- Flasche Bier enthält ca. 200 kcal, Werte variieren je nach Sorte. Das entspricht einer Brotscheibe (50g) mit Butter und Käse. Doch es wäre falsch, das Bier aufgrund der Nährwertangaben zu verteufeln. Die gleiche Menge Orangen- oder Apfelsaft enthält die gleiche Kalorienmenge und keiner würde sie in Maßen genossen als üble Gesundheitssünde bezeichnen. Es kommt vielmehr auf das Verhalten an, das mit dem Biergenuss einhergeht.

Während es eher verwunderlich ist, wenn sich jemand zu einem guten Fernsehprogramm zwei Liter Apfelsaft gönnt, können vier Flaschen Bier durchaus getrunken werden. Bier regt auch nachweislich den Appetit an und wird oft mit stark salz- und fettreichen Knabbereien wie Chips und Erdnüssen genossen. Und wenn man gerne abends weggeht, um in geselliger Runde ein bis zwei Krüge zu leeren und ein üppiges Gericht dazu zu essen, verschieben sich die Mahlzeiten in die Abendstunden, was dazu führen kann, dass die Energie aus dem Essen vermehrt in Fettform gespeichert wird. Beim Mann eben tendenziell am Bauch.

Es wäre absurd das Bier als Getränk und die Bierkultur allgemein zu Feinden einer gesunden Lebensweise zu erklären. Wirkstoffe aus Hopfen und Malz wirken der Gefäßverkalkung und somit dem Herzinfarkt entgegen, senken das Risiko für Osteoporose und für eine Demenzerkrankung im Alter. Der Pflanzenwirkstoff Xanthohumol, der in Bier vorkommt, ist nachweislich stark krebshemmend. Doch diese erfreulichen Vorzüge des Getränkes können nur dann eine signifikante Rolle für die Gesundheit spielen, wenn von einem Genuss in Maßen die Rede ist.

Fühlt man sich also ästhetisch von seinem Bierbäuchlein gestört oder weiß gar, dass sein Bauchumfang im bestehenden Maße schon eine Gefährdung für die Gesundheit darstellt, kann man sich die Frage stellen, worin die Ursache für den Fettbauch liegen mag. Vielleicht trinkt man keinen Alkohol, aber ernährt sich einseitig und bewegt sich ungern. Oder aber es hat tatsächlich mit dem Bierkonsum zu tun. Dann kann man die oben genannten gesundheitlichen Vorzüge des Getränkes mit einem Zwinkern aufzählen und zu dem Entschluss kommen, dass Bier an sich ein wunderbares Getränk ist, solange der Umgang damit nicht aus dem Lot gerät. Und dann kann man sich entscheiden, den Bierbauch zu reduzieren.

Doch während manche Männer versuchen, ihren Bauch wieder zum Schmelzen zu bringen, stören sich andere wenig an ihrem Bäuchlein oder betrachten ihn mit einem selbstironischen Stolz.

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