Malaria: Die vielen Gesichter von Plasmodium

Malaria stellt mit 200 Millionen Neuinfektionen und 2 Millionen Todesfällen pro Jahr weltweit eine der gefährlichsten und verbreitetsten Infektionskrankheiten dar. Dass die über Moskitos wie die Anophelesmücke übertragene Krankheit bis heute so häufig auftritt, liegt an der enormen Wandlungsfähigkeit ihres Erregers.

Zyklische Generationenvermehrung bei ständig wechselndem Äußeren

Die vier bekannten Erregertypen der Malaria, Protozoen, die unter der Bezeichnung Plasmodium zusammengefasst werden, sind ein typisches Beispiel für zyklische Generationenvermehrung und Wirtswechsel parasitärer Lebewesen, wobei eine Generation sich durch ihr Äußeres grundlegend von ihren Vorgängern und Nachfolgern unterscheidet. Nicht zuletzt daraus resultieren die Schwierigkeiten, die das menschliche Immunsystem bei der Bekämpfung des Eindringlings hat.

Plasmodium ist auf ständiger Wanderschaft

In den menschlichen Körper gelangt Plasmodium als länglicher, Sporozoit genannter Sichelkeim beim Stich einer Mücke. Über den Blutkreislauf wandern diese Sporozoiten in die Leber, wo sie eine gute Woche lang mit rasender Geschwindigkeit Nachwuchs produzieren. Diese aus sogenannten Merozoiten bestehende Generation formiert sich zu traubenartigen Gebilden und schwärmt aus der Leber zurück in den Blutkreislauf, wo sie sich in roten Blutkörperchen einnistet und weiter vermehrt. (Das schubweise Ausschwärmen der Merozoiten von einem in das andere rote Blutkörperchen ist auch für die für Malaria symptomatischen Fieberschübe verantwortlich.) Nach einer Weile bilden sich abweichenden Formen der Merozoiten, Gametozyten genannt. Diese wiederum suchen nachts die dicht unter der Hautoberfläche angesiedelten Körperregionen auf, um dort beim Stich einer Mücke von ihr aufgenommen zu werden. Im Körper der Mücke finden sie sich zur Zeugung eines Ookineten zusammen – aus diesem wiederum tausende Sporozoiten schlüpfen, die in der Speicheldrüse der Mücke auf die Übertragung auf einen Menschen warten.

Maximale Verbreitung durch tückische Manipulation der Mücke

Um das Risiko für die Mücke, bei der Nahrungsaufnahme getötet zu werden, bevor die nächste Generation der Sporozoiten reif ist zu minimieren, verringert Plasmodium das Hungergefühl seines Wirts. Um anschließend die größtmögliche Verbreitung zu erzielen, unterbindet es die Produktion gerinnungshemmender Stoffe im Speichel der Mücke, sodass diese öfter zustechen muss, um satt zu werden.

Zu schnell für unser Immunsystem

Auch für das Überleben im menschlichen Körper ist Plasmodium optimal ausgerüstet: durch die rasante Geschwindigkeit des Generationenwechsels sieht sich das Immunsystem mit einem ständig den Aufenthaltsort und das Äußere wechselnden Gegner konfrontiert. Zudem ist der Aufenthalt in roten Blutkörperchen ein kluger Schachzug: den DNS-losen Blutkörperchen steht keine Möglichkeit zur Verfügung, Immunzellen einen Eindringling zu melden. Zwar würden befallene rote Blutkörperchen früher oder später von der Milz identifiziert und vernichtet werden, doch Plasmodium lässt es gar nicht erst so weit kommen und befestigt seine Behausung mittels eines „Schnappriegels“ an Blutgefäßen.

Schlechte Luft und die Urzeugung

Frühen Wissenschaftlern fiel es aufgrund des ständigen Gestaltwechsels und der Unkenntnis der Übertragung schwer, Krankheitserreger zu identifizieren. Vielmehr hing man im 17. und 18. Jahrhundert noch der Theorie der Urzeugung an, der zufolge Krankheiten und Humanparasiten quasi spontan oder durch äußere Faktoren wie Hitze, Kälte oder schlechte Luft entstanden. Etymologisch betrachtet bezeugt Malaria diese Theorie: die Krankheitsbezeichnung leitet sich vom Terminus „mala aria“, zu Deutsch „schlechte Luft“ ab. Da die Anophelesmücke in feuchtwarmen Regionen verbreitet ist, machte man die Luft dieser Klimazonen für das Auftreten von Malaria verantwortlich.

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