Mosasaurus – ein Dinosaurier aus Maastricht

Die Steinbrüche von Maastricht in der südniederländischen Provinz Limburg sind nicht nur berühmt für ihr besonders beliebtes Baumaterial – wie es sich in vielen Gebäuden der Stadt und Region wiederfindet – sondern auch eine bis heute sehr ergiebige Fundquelle für Fossilien. Die berühmteste paläontologische Entdeckung wurde bereits vor gut 250 Jahren gemacht und erregte die Gemüter in ganz Europa.

Ein seltsamer Schädelfund in den Maastrichter Steinbrüchen

Im Jahre 1770 stießen Arbeiter in den Steinbrüchen vor der Stadt auf ein seltsames Gebilde, das sich bei näherem Anblick als riesiger Tierschädel entpuppte. Der örtliche Sammler Jean Hoffmann, den man von dem Fund in Kenntnis setzte, ließ das schwere Stück bergen und löste damit eine naturwissenschaftliche Debatte aus: um was für ein seltsames Tier mochte es sich wohl handeln, zu einet bekannten Art aus der Gegend gehörte dieser Kopf ganz sicher nicht? Ein Gelehrtenstreit brach aus, der bald ganz Europa beschäftigte: die einen hielten das versteinerte Ungetüm für eine Art Wal, die anderen plädierten für ein Krokodil.

Georges Cuvier nutzt die Gunst der Stunde

Namhafte Forscher beteiligten sich an der Debatte, doch es sollten die politischen Umstände sein, die das Rätsel der Lösung näher brachten. Truppen aus dem revolutionären Frankreich fielen in den Niederlanden ein, 1794 eroberten sie die Festung Maastricht – und brachten einem Mann nach Paris ein Beutestück mit, der ein Urteil fällte, welches der Wahrheit sehr nahe kam. Georges Cuvier, der Vater der modernen Naturgeschichte, bestimmte beziehungsweise bestätigte das Tier als Rieseneidechse. Er nutzte diesen Fund für seine wissenschaftlichen Argumentationen unter anderem gegen die Schöpfungslehre, den heute noch virulenten Kreationismus. Pech für die Maastrichter: die Franzosen behielten einfach das gute Stück – immerhin sandten sie eine getreue Nachbildung zurück in die Heimat der „Bestie von Maastricht“.

Ein Dinosaurier von der Maas

Auch erhielt er bald einen schöneren Namen, 1822 wurde er zur „Maas-Echse“ umgetauft, also latinisiert Mosasaurus, kurze Zeit später fügte man dem Originalfund das Attribut hoffmani zu, nach dem Mann, dem er letztlich seine Berühmtheit zu verdanken hatte, Jean Hoffmann. Auch wenn also der ursprüngliche Mosasaurus hoffmani an der Seine und nicht an der Maas weilt, mussten sich die Einwohner der Stadt nicht grämen (und dies nicht nur, weil sie schließlich den Abguss von der Hand des großen Cuvier hatten). Im Laufe der Zeit stellte sich heraus: an der Maas hatte es wohl ein ganzes „Nest“ an Mosasauriern gegeben.

Ein Mosasaurus kommt selten allein

Und so fand man in den Steinbrüchen der Gegend im Laufe der Jahre nach 1770 nicht nur weitere Knochen der schwimmenden Riesenechse, sondern insgesamt bislang sieben verschiedene Arten an Mosasauriern, viel Verwandtschaft des ersten Ahnen. Doch nicht nur Mosasaurier, sondern auch ganz andere Fossilien unbekannter Art fanden sich in den Gesteinsschichten Limburgs, wie erwähnt, ein ergiebiges Gebiet für Forscher professioneller Art, aber auch für Liebhaber. Beide sorgen immer wieder einmal für spektakuläre Neufunde, so etwa 1998 oder erst kürzlich 2012.

Ein Raubtier von stattlichen Ausmaßen

Der Mosasaurus lebte in der späten Kreidezeit, von etwa 80 bis zum Aussterben der Dinosaurier um 65 Millionen Jahre vor Christus, neben den europäischen Exemplaren gibt es auch Funde aus dem nordamerikanischen Raum. Die Mosasaurier waren im Wasser lebende Raubtiere, besonders auffällig bei vielen Vertretern der Spezies sind die großen, oft zweireihig im Kiefer aufgestellten Zähne, die auch die schützenden Panzerungen von Muscheln, Ammoniten und Schildkröten knacken konnten. Nicht nur darum musste der Mosasaurus ein Furcht erregender Anblick für seine potentiellen Opfer gewesen sein: manche der Tiere wurden bis zu 18 Meter lang, zum Ende der Kreidezeit gehörten sie somit zu den größten Meeresbewohnern.

Die Maastrichter und ihr Dinosaurier

Wie in Deutschland etwa die Solnhofener auf ihren Archaeopteryx, so sind die Maastrichter zurecht auf ihren berühmten Dinosaurier stolz – schließlich haben beide eine entscheidende Rolle in der Geschichte der Naturgeschichte gespielt, und waren lange ein paläontologisches Rätsel. Ähnlich kontrovers sind die Debatten um das Aussehen der Tiere, im Falle des Mosasaurus bietet eine ganze Wand mit verschiedenen Darstellungen seit der Entdeckung für den Besucher des Naturhistorischen Museums eine Auswahl, wie Künstler und Forscher sich den einstigen Maasbewohner (auch wenn es den Fluss damals natürlich noch nicht gab) vorgestellt haben. Neueste Interpretationen zeigen, dass die Diskussion längst nicht beendet ist.

Das Naturhistorische Museum in Maastricht, selbst untergebracht in einem historischen Klostergebäude, bereitet die erdgeschichtliche Entwicklung der Region nachvollziehbar, modern und übersichtlich auf. Der Mosasaurus ist natürlich der Höhepunkt, doch werden die anderen Epochen bis hin zu unseren heutigen Tagen keineswegs vernachlässigt, einen Blick in die Geschichte des Museums gibt es in akkurat konservierten Räumen aus dem 19.Jahrhundert, zusätzlich gibt es ansprechende Sonderausstellungen. Ein würdiger Ort für einen so berühmten Einwohner.

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