Rhinitis medicamentosa (Privinismus): Schnupfen durch Nasensprays

Medikamente gegen Schnupfen können Schnupfen verursachen: Dazu gehören Sympathomimetika wie Xylometazolin, aber auch Antidepressiva, ACE-Hemmer & ß-Blocker.

Wirkungsvolle Medikamente enthalten wirksame Wirkstoffe, diese führen je nach Dosierung oder Dauer der Anwendung manchmal zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Für Ärzte ist diese Erkenntnis ein alter Hut, schon Paracelsus stellte fest: „Alle Ding’ sind Gift und nichts ohn’ Gift; allein die Dosis macht, das ein Ding’ kein Gift ist.“ Auch die so genannte „sanfte“ Phytotherapie macht hier keine Ausnahme. So stimuliert Echinacea unser Immunsystem und schützt vermutlich vor Erkältungen, manche Menschen reagieren allerdings allergisch auf die Wirkstoffe des Sonnenhuts. Gegen die akut verstopfte Schnupfennase empfehlen medizinische Fachgesellschaften und die Stiftung Warentest Nasensprays mit Sympathomimetika als Wirkstoff. Dazu gehören Naphazolin, Oxymetazolin, Tramazolin und Xylometazolin. Nach internationalen medizinischen Leitlinien sollen Medikamente mit Sympathomimetika bei akutem Schnupfen nicht länger als sieben Tage angewendet werden. Sonst droht eine medikamentöse Rhinopathie – die Daueranwendung der Nasensprays löst Schnupfen (Rhinitis) aus.

Privinismus ist eine medikamentöse Rhinopathie

Eines der bekanntesten Beispiele für eine medikamentöse Rhinopathie ist der Privinismus, die Bezeichnung leitet sich vom Nasenspray Privin ab. In Privin wirkte der Wirkstoff Naphazolin, der auch heutzutage noch in rezeptfreien Medikamenten aus der Apotheke steckt. Unter Rhinitis versteht man eine infektiöse Entzündung der Nasenschleimhaut – wenn Schnupfen-Viren sich in unsere Nase verirren. Die so genannte Rhinitis medicamentosa durch Privin ist im eigentlichen Sinne eine Rhinopathia medicamentosa, da keine infektiösen Viren den Schnupfen auslösen, sondern ein Wirkstoff.

Beim Privinismus hat die Nase vom Medikament die Nase voll

Der Privinismus tritt als unerwünschte Nebenwirkung auf, wenn Naphazolin in zu hoher Dosierung oder zu lange benutzt wird. Dann reagieren die adrenergen Rezeptoren der Blutgefäße in der Nasenschleimhaut nicht mehr auf Naphazolin – die Adrenorezeptoren „ermüden“ gegenüber dem Wirkstoff. Pharmakologen nennen diesen Vorgang Tachyphylaxie: Um die gleiche Wirkung mit Naphazolin zu erzielen, muss das Medikament entweder immer öfter benutzt werden, oder die Dosis muss gesteigert werden. Irgendwann hat die stark gerötete Nasenschleimhaut vom Naphazolin die Nase voll – die angeschwollenen Schwellkörper der Nasenmuscheln und die Nasenschleimhäute schwellen durch Vasokonstriktion nicht mehr ab. Die Schwellkörper schwellen durch Vasodilation wieder an.

Gegen Rhinitis medicamentosa schützt eine niedrige Wirkstoff-Dosierung

Unseren Ärzten und Apothekern ist das Problem der Rhinitis medicamentosa bekannt, so empfiehlt die DEGAM-Leitlinie Rhinosinusitis: „Eine geringere Gefahr besteht bei niedrigen Dosierungen und bei Vermeidung von Präparationen mit Konservierungsstoffen (z.B. Benzalkoniumchlorid).“ Benzalkoniumchlorid ist hierbei ein häufig verwendetes Konservierungsmittel in Nasensprays und Nasentropfen. Nach der DEGAM-Leitlinie geht man mittlerweile „von klinisch relevanten Reiz- und Schädigungswirkungen durch Benzalkoniumchlorid“ aus. Allergische Nasen und empfindliche Nasen sollten sich deshalb in der Apotheke nach Nasensprays ohne Benzalkoniumchlorid erkundigen.

Rhinitis medicamentosa wird durch eine Reihe von Medikamenten ausgelöst

Schlägt man in einem Lehrbuch für Hals-Nasen-Ohren-Ärzte nach, findet man eine ganze Reihe von Medikamenten, die eine Rhinitis medicamentosa auslösen können: Hierzu gehören Antidepressiva, Antihypertensiva wie ACE-Hemmstoffe und Beta-Blocker, Psychopharmaka, Reserpin aus der Schlangenwurz und weitere Wirkstoffe. Verwendet man die empfohlenen Sympathomimetika gegen den akuten Schnupfen, sollte man unbedingt die empfohlene Dosierung einhalten. Insbesondere für Säuglinge, Kleinkinder und Schulkinder, gibt es die Nasensprays und Nasentropfen mit einer altersgerechten Wirkstoff-Konzentration. Hier sollten die Medikamente auch nicht ungesichert herumstehen. Verschlucken Säuglinge oder Kleinkinder aus Versehen die Nasentropfen, kann die Überdosierung zu Kopfschmerzen und Übelkeit mit Erbrechen führen. Verwenden Erwachsene die Nasensprays zu lange oder in falscher Dosierung, kann die Nase sogar stinksauer werden – durch eine zu trockene Schleimhaut bildet sich manchmal eine Stinknase (Ozaena).

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