Welche Hilfe gibt es bei Zwangsgedanken?

Ursachen, Beschreibung und Therapien zwanghafter Gedanken. Wie entstehen Zwangsgedanken und welche Funktion haben sie für Betroffene? Welche Heilungschancen durch Verhaltenstherapie, Zwangsprotokolle oder Medikamente gibt es?

Wer Zwangsgedanken hat, leidet unter einer zwanghaften Endlosschleife immer stereotyp wiederkehrender Gedanken. Es sind fixe Ideen oder bildhafte Vorstellungen, die den Betroffenen zutiefst belasten und quälen. So gibt es den Zwang zu endlosem Grübeln, wobei immer wieder zum gleichen Sachverhalt endlos Alternativen überdacht werden und Entscheidungsunfähigkeit entsteht. Zwanghafte Gedanken können extrem gefährlich sein und in die Verzweiflung treiben. So sind fortlaufend durchlittene bildhafte Vorstellungen von Selbsttötung oder Unfalltod typisch für zwanghafte Gedankenschleifen. Diese Art Gedanken beinhalten Gefahren und Verbote. Betroffene leiden zudem oft an der Vorstellung, dass ihr Denken real wird – was sie denken, wird passieren. Sie fühlen sich von ihren eigenen Gedanken verfolgt und verunsichert.

Wie entsteht zwanghaftes Denken?

Funktionelle Veränderungen im Frontalhirn bewirken die massive Zunahme bildhafter Vorstellungen und führen bei stark erhöhten neurologischen Kontrollvorgängen zu Zwangsstörungen. Weiterhin können in der Kindheit erlebte starre Eingrenzungen zwanghaftes Denken begünstigen. Das Kind, in seiner eigenen Gefühlswelt blockiert, wird harten Kontrollmechanismen unterworfen. Gegebenen Regeln muss widerstandslos nachgekommen werden, da sonst Ablehnung und Ausgrenzung droht. Die Bestrafung durch Isolation und Abweisung erzeugt unkontrollierbare Ängste, die trotz vorbildlichem Funktionieren nicht bewältigt werden. Dieser unerträgliche Druck lässt zwanghafte Gedanken entstehen.

Welche Funktion haben Zwangsgedanken für den Betroffenen?

Bei ihrer Entstehung haben Zwangsgedanken die Funktion, Ängste zu kontrollieren und somit beherrschbar zu machen. Im ersten Stadium ist ein zwanghafter Gedankengang ein Ritual, das der Person Sicherheit gibt und Kontrolle suggeriert.

Schnell wird der helfende Aspekt zerstört, das zwanghafte Denken zu einem immer wiederkehrenden Selbstläufer im Kopf. Obwohl der Betroffene keinen Sinn darin sieht, kann er diese Gedankenkarusselle nicht steuern und einfach anhalten. Versucht er mit purem Willen den Gedankenfluss zu stoppen, explodieren die damit überlagerten Ängste und das hält er ohne Hilfe nicht aus.

Zwangsgedanken helfen dem Betroffenen indirekt sogar bei der Bewältigung von Konflikten. Statt sich bestimmten Realitäten wie unzumutbaren Lebensumständen, Problemen, aggressiven Auseinandersetzungen u.ä. zu stellen, werden ersatzweise immer wieder gleiche Gedanken wie ein drehendes Karussell genutzt und die Wirklichkeit verdrängt.

Wie kann Menschen mit Zwangsgedanken geholfen werden?

Da Gedanken nicht sichtbar sind und alle Therapiemöglichkeiten auf ehrliche Aussagen des Betroffenen bauen, ist die Therapie ein schwieriges Unterfangen. Erfolgreich wird die Behandlung nur dann, wenn ein sehr vertrauensvolles und auf gegenseitiger Sympathie beruhendes Verhältnis zwischen Patient und Therapeuten entsteht.

Stimmaufnahmen mit Schilderungen zwanghafter Gedanken von dem Patienten können helfen. Der Betroffene hört sich die Aufnahmen wiederholt an, distanziert sich und verringert so überlagerte Angstzustände. Auch mit den zwanghaften Inhalten beschriftete Karteikarten können helfen. Die einfühlsame Konfrontation mindert allmählich die Angstreaktion.

Eine Verhaltenstherapie kann Betroffenen helfen, sich Schritt für Schritt von diesen tagtäglichen Belastungen zu befreien. Der Therapeut unterstützt den Prozess. Durch gemeinsame Beschäftigung mit allen Aspekten beginnt die Endlosschleife für den Betroffenen zu bröckeln, die Häufigkeit der Gedankenkarusselle nimmt ab.

Es werden für die Behandlung auch Medikamente wie Fluoxetin oder Paroxetin (Serotin-Wiederaufnahmehemmer), Clomipramin oder auch Neuroleptika eingesetzt. Allerdings haben Therapien nur mit Medikamenten Rückfallraten bis zu 80 %.

Welchen Nutzen haben Zwangsprotokolle?

Betroffener und Therapeut erarbeiten gemeinsam eine Rangfolge der auftretenden Zwangsgedanken, geordnet nach Bedeutsamkeit und Häufigkeit. Es entsteht eine Liste. Der Betroffene führt diese Liste selbstständig, er protokolliert jeden Tag Inhalt und Häufigkeit. So beginnt er seine Zwänge zu kontrollieren und nicht mehr die Zwänge ihn. Je mehr Sicherheit er bekommt, desto mehr wächst das Gefühl, die Situation in den Griff zu bekommen.

Welche Therapieziele bei Zwangsgedanken gibt es?

Die Therapie veranlasst die Kontrolle der Gedankeninhalte auf ihren Realitätsbezug. Sind immer wieder gedachte Befürchtungen und befürchtete Katastrophen in der Wirklichkeit wahrscheinlich? Betroffene erlernen, dass ihr Denken eine Handlung oder ein Ereignis nicht unmittelbar auslösen kann.

Der Betroffene sollte gesunde Distanz von seinem Zwang erwerben und erkennen, dass seine Zwangsgedanken von neurobiologischen Funktionsstörungen im Gehirn bedingt werden. Dass die Zwangsgedanken nicht das eigene Ich sind, sondern unabhängig davon entstehen und somit abgestellt werden dürfen. Zentrale gedankliche Muster werden verändert, die zwanghafte Gedankenströme Schritt für Schritt beherrschbar machen. Eine Heilung und ein Leben ohne zwanghaftes Denken ist möglich.

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