Betriebliche Gesundheitsförderung als Produktivitätsfaktor

Betriebliche Gesundheitsförderung kann Beschäftigten helfen, mit steigenden Belastungen im Job besser fertig zu werden und die Produktivität zu steigern.

Unsere Arbeitswelt ist seit Jahren von einem tiefgreifenden sozialen und wirtschaftlichen Umbruch gekennzeichnet. Der durch die Globalisierung verschärfte Wettbewerb verlangt von allen Akteuren der Wirtschaft, seien es Angestellte, Unternehmer oder frei schaffende Künstler, zunehmend mehr Leistung. Im Klartext bedeutet das schnelleres Arbeiten und Reagieren auf sich verändernde Marktbedingungen, mehr Qualität in der Leistungserstellung, höhere Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeiten, Einsatzorte und Kundenwünsche und permanente Integration neuen Wissens in das eigene Schaffen.

Als Reaktion auf den Strukturwandel in der Arbeitswelt sind die wachsende Verbreitung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien und die zunehmende Bedeutung des Wissensmanagements zu beobachten. Den gestiegenen Flexibilitätsanforderungen versucht man durch Veränderungen in den Beschäftigungsverhältnissen gerecht zu werden. Immer mehr Beschäftigte arbeiten in befristeten Arbeitsverhältnissen, an wechselnden Einsatzorten, in Teilzeit oder im Home Office.

Alleine die Anpassung der Arbeitsorganisation als Antwort auf neue Herausforderungen genügt aber nicht als Garant für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, denn auch die leistungsfähigsten Computer und eine optimale Organisation sind in den meisten Wirtschaftszweigen wertlos ohne den Erfolgsfaktor Mensch.

Gesundheitliche Belastungen und Risiken

Zu den hauptsächlichen Belastungen der modernen Arbeitswelt zählen zum einen die psychosozialen Belastungen wie Stress, bedingt etwa durch Arbeitsüberlastung oder auch soziale Konflikte am Arbeitsplatz. Zum anderen ist die weit verbreitet Bildschirmarbeit ein latenter Krankmacher. Zu langes und falsches Sitzen führt zu Belastungen des Stütz- und Bewegungsapparates, mit der Folge von Beschwerden im Rücken-, Nacken- und Schulterbereich oder von Kopf- und Augenschmerzen. Die Bewegungsarmut führt zu schlechter Durchblutung und Erschlaffung der Muskulatur, was in der Folge weitere Belastungen von Gelenken und Wirbelsäule verursacht. Neben akuten, die Arbeitsleistung beeinträchtigenden Beschwerden, die zu Ausfällen durch Arbeitsunfähigkeit führen, sind gesundheitliche Langzeitschäden vorprogrammiert.

Dass die geschilderten Belastungen nicht ohne Folgen für die Gesundheit der Beschäftigten bleiben, belegen die jährlichen Berichte der Krankenkassen. So berichtet beispielsweise der Gesundheitsreport 2010 der BARMER GEK, dass mehr als 40% der krankheitsbedingten Fehltage ihrer Versicherten auf Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems (23%) und auf psychische Störungen (17,6%) zurückzuführen waren.

Die Tendenz von Erkrankungen ist steigend: „Für Psychische und Verhaltensstörungen ist mit 40,5 Tagen eine weitere Steigerung gegenüber den beiden Vorjahren (2008 = 39,1 Tage; 2007 = 35,3 Tage) zu verzeichnen. Muskel-Skelett-Erkrankungen liegen mit 21,9 Tagen und Krankheiten des Kreislaufsystems mit 21,8 Tagen etwas höher als im letzten Jahr (2008 jeweils 21,2 Tage).“ (BARMER GEK Gesundheitsreport 2010, Teil 1, S. 12).

Auch die Gesundheitsberichte anderer Krankenkassen (z. B. AOK, IKK) belegen diesen Trend, wenn auch mit etwas, regional und berufsspezifisch bedingt, abweichenden Zahlen. Angesichts des demographischen Wandels und der immer älter werdenden Belegschaften in den Unternehmen, wird sich diese Entwicklung in Zukunft kaum ändern, wenn nicht Seitens der Unternehmen und ihrer Beschäftigten dagegen gesteuert wird.

Argumente für betriebliche Gesundheitsförderung

Der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens hängt untrennbar von der Qualifikation, der Motivation und der Gesundheit seiner Mitarbeiter ab. Gesunde Mitarbeiter sind leistungsfähiger, belastbarer und sorgen für eine höhere Personalverfügbarkeit, senken also in der Folge Kosten und Produktivitätseinbußen durch krankheitsbedingte Arbeitsausfälle. Der Vorteil von fitten Mitarbeitern liegt aber nicht nur auf Seiten des Unternehmens, denn auch die Mitarbeiter selbst verfügen über mehr Energie und Selbstvertrauen und tragen dadurch nicht nur zu einem besseren Betriebsklima bei, sondern befördern auch den eigenen beruflichen Erfolg.

Trotz der offensichtlichen betriebswirtschaftlichen Vorteile betrieblicher Gesundheitsförderung und der durch den Staat seit 2008 nach § 3 Nr. 34 EStG gewährten steuerlichen Begünstigungen von BGF-Maßnahmen, verfügen zahlreiche Unternehmen über kein betriebliches Gesundheitsmanagement. Betroffen von diesem Defizit sind insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), die unter der Last des Tagesgeschäfts und dem Mangel an personellen Ressourcen den Aufwand für Gesundheitsförderung nicht leisten können. Häufig spielt aber auch nur ein Mangel an Informationen über konkrete Umsetzungsmöglichkeiten eine Rolle. Hier können Krankenkassen, öffentliche Einrichtungen und externe Berater wertvolle Unterstützung leisten.

Inhalte betrieblicher Gesundheitsförderung

Die Europäische Union hat die Bedeutung einer gesunden Bevölkerung seit langem erkannt und den Aufbau eines europäischen Netzwerkes für BGF (European Network for Workplace Health Promotion) unterstützt. Mitglieder des europäischen Netzwerkes sind die nationalen Organisationen, in Deutschland ist es das „Deutsche Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung DNBGF“.

In ihrer „Luxemburger Deklaration“ (Fassung von Januar 2007) bezeichnet die EU betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) als eine Investition in die Zukunft, die alle gemeinsamen Maßnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und der Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz umfasst. Gegenstand dieser Maßnahmen sind die Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsbedingungen, die Förderung einer aktiven Mitarbeiterbeteiligung und die Stärkung der persönlichen Gesundheitskompetenz von Mitarbeitern.

Gesundheitsförderung findet also sowohl auf Unternehmensebene statt, durch die Schaffung gesundheitsfreundlicher betrieblicher Strukturen und Prozesse, als auch auf der persönlichen Mitarbeiterebene, nämlich durch die Stärkung der Fähigkeit, Krankheiten zu vermeiden oder zu bewältigen sowie die Gesundheit zu erhalten.

Prävention und Regeneration

Eine der tragenden Säulen von BGF ist die Prävention, sie soll zur Vermeidung von arbeitsbedingten Krankheiten beitragen. Grundsätzlich gibt es zwei Ausprägungen von Prävention. Während die Verhältnisprävention zum Ziel hat, ein Umfeld zu bilden, das vermeidbare Belastungen am Arbeitsplatz abschaffen hilft und gesundheitsfördernde Einflussfaktoren verstärkt, kann Verhaltensprävention Mitarbeiter zu gesundheitsfördernden Verhaltensweisen am Arbeitsplatz und auch im Privatleben motivieren. Zu typischen Präventionsfeldern zählt die Förderung von Stressbewältigungskompetenzen, d.h. die Fähigkeit, individuelle Stressfaktoren und Verhaltensmuster zu erkennen und damit umgehen zu können. Von wesentlicher Bedeutung ist zudem das Vermögen, nach Stressphasen zu regenerieren. Unterschiedlichste Methoden der Entspannung können dabei helfen, die regenerativen Kräfte des Körpers zu stärken. Wesentliche Rolle dabei spielen u.a. Ernährung, Bewegung und Ruhe (Schlaf).

Fazit

Betriebliche Gesundheitsförderung wird in Zukunft für all die Unternehmen zwingend, deren Erfolgspotential auf der Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter beruht. Angesichts des demographischen Wandels und der Verknappung junger Arbeitskräfte gewinnt die Erhaltung des Leistungspotentials älterer Mitarbeiter immer mehr an Bedeutung. Betriebliches Gesundheitsmanagement muss nicht immer teuer sein. Ein gut vorbereitetes und organisiertes BGF-Projektmanagement kann schon mit wenig Input gute Resultate erzielen.

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