Der Geschmack von Plastik: Kunststoffe wie PET in der Ernährung

Bei Lebensmitteln wird immer mehr auf Nährstoffgehalt, ökologische Erzeugung und Schadstoffgrenzwerte geachtet, nicht aber auf die durchsichtige Verpackung.

Besonders die Anbieter von Mineralwässern werben mit Reinheit, gerne auch pur: Ihr abgefülltes Grundnahrungsmittel zeichnet sich durch Bergquell-Klarheit, Vulkangestein-Filterung und natürlichen Geschmack aus. Schließlich war viel Trinken schon immer gesund, besonders reines Wasser. So ist es nicht verwunderlich, wenn in der Werbung gesunde junge Menschen ihre PET-Flasche voll edlen Wassers stets beim Sport, der Arbeit oder beim Shoppen griffbereit haben. Doch mittlerweile ist bekannt, dass man mit dem gesunden Getränk auch Stoffe aufnimmt, die bei der Abfüllung in die unkaputtbaren Plastikverpackungen noch nicht enthalten waren. Doch Kunststoff in all seinen Formen gehört mittlerweile zu allen Bereichen unseres Lebens. So auch, wenn der moderne Wasserflaschenträger den umhegten Körper in von Plastik-Pellets angereichertem Meer badet und sich danach einen frischen Fisch samt konservierender Kunststoffeinlagerung aus der Weite der Weltmeere schmecken lässt.

PET und Acetaldehyd – Unerschütterliche Klarheit in der Wasserflasche?

Schon länger ist bekannt, dass Getränkeflaschen aus Polyethylen-Terephthalat (PET) den Stoff Acetaldehyd, auch Ethanal genannt, an das befüllte Getränk abgeben können. Daher haben Getränkeanbieter zunächst nur Getränke mit kräftigem Eigengeschmack wie Limonaden oder Säfte in PET-Flaschen verkauft, um den süßlichen Beigeschmack des aus den Kunstoff-Flaschen gelösten chemischen Zwischenproduktes zu überdecken. Angeblich soll dieses Problem, das nicht nur geschulten Gourmetgaumen aufgefallen sein dürfte, von den PET-Flaschenherstellern gelöst worden sein. Mittlerweile werden verstärkt auch Mineralwässer in PET-Flaschen verkauft, die dann das dem Wein ähnliche Aroma des Acetaldehyds annehmen – bemerkenswert übrigens, dass der Stoff auch beim nicht immer dem Wohlbefinden förderlichen Abbau von Alkohol im Körper entsteht und für den Kater danach mitverantwotlich ist. Auch wenn das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) die Mengen der auf diese Weise aufgenommenen Chemikalie, die als schwach wassergefährdender Meeresschadstoff gilt, als unbedenklich einstuft, sollte man wissen, dass er in jedem Schluck aus der handlichen Plastikflasche enthalten sein kann.

Bisphenol A in Einweg-Flaschen und zahllosen Produkten aus Polycarbonat (PC)

Sicher, PET-Flaschen sind leicht, bruchfest und enthalten im Gegensatz zu anderen Einweg-Flaschen aus Kunststoff, die nach wie vor außerhalb von Europa verwendet werden dürfen, weder Phthalate noch Bisphenol A (BPA). Dieser spezielle Weichmacher, der nicht nur in Flaschen, sondern auch in unzähligen anderen Polycarbonat-haltigen Kunstoffprodukten wie der Innenbeschichtung von Konservendosen oder Babyfläschchen enthalten ist, könnte schon in kleinsten Dosen schwere Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Scott Belcher von der University of Cincinnati wies bereits vor Jahren in Tierversuchen nach, dass schon geringste Mengen BPA im Organismus gravierende Auswirkungen auf den Östrogen-Hormonhaushalt haben und die Hirnentwicklung beeinflussen können. Die Menge an BPA, die nach Statistiken des BfR täglich von einem Kind aufgenommen wird, liegt tatsächlich mit 1,6 Mikrogramm hundertefach höher als die Dosis im Tierversuch. Ist also PET das geringere Übel der praktischen neuen Plastikwelt?

Dann doch lieber das Schwermetall Antimon aus PET-Flaschen?

Im Gegensatz zu Glasflaschen sind Behälter aus PET nicht gasdicht. Das bedeutet, dass mit der Zeit Kohlensäure durch die Kunststoffwand hinaus und Sauerstoff hinein diffundieren kann. Diese relative Schwäche des Kunststoffs kann sich nicht nur auf Qualität, Haltbarkeit und Geschmack des Getränkes auswirken, sondern bringt einen weiteren gesundheitsgefährdenden Stoff ins Spiel: das Schwermetall Antimon (Sb). Dieses toxische Spurenelement wird bei der petrochemischen Produktion des PET verwendet und kann sich laut Studien des kanadischen Umwelt-Geochemikers William Shotyk an der Universität Heidelberg in den abgefüllten Getränken lösen. Shotyk untersuchte im Jahr 2006 kanadische und europäische Mineralwässer und stellte fest, das der natürliche Gehalt an Antimon von 2 bis 4 Nanogramm pro Liter vor der Abfüllung je nach Länge der Lagerung in PET-Flaschen bis auf 630 ng/L ansteigt. Als Gegenprobe wies das Wasser in einer Polypropylenflasche keine unnatürlichen Werte auf.

Auch wenn die gemessenen Antimon-Anreicherungen noch unter den geltenden Grenzwerten der Trinkwasserverordnung (Nr. 45) lagen, muss doch festgestellt werden, dass es sich bei Antimon um einen körperfremden Stoff handelt, der sich bei regelmäßiger Aufnahme aus PET-Flaschen anreichern könnte und eben doch potenziell toxisch ist. In Japan wird bei der PET-Herstellung anstelle von Antimon Titan verwendet, welches nicht löslich und somit unbedenklich ist – eine solche Produktionsumstellung wäre aber recht kostspielig.

Convenience: Der problematische Umgang mit potenziellen Schadstoffen

Das vergangene Jahrhundert war noch weltweit geprägt von Mangel. Zumindest aber in den westlichen Convenience-Gesellschaften kehrt sich der Drang um, von allem noch mehr haben zu wollen. Heute hätten wir lieber weniger Kalorien in unserem Essen, weniger Schwermetalle in unseren Gewässern, weniger Brennstäbe in unseren Zwischenlagern und weniger Dioxine in unseren Eiern. Doch nach wie vor ist die gesunde Marktmacht des Verbrauchers limitiert durch die industriellen Interessen, die gelegentlich den einen oder anderen Grenzwert für Schadstoffe wieder ansteigen lassen. Die meisten technischen Errungenschaften erweisen sich eben früher oder später als zwiespältig: Sicher ist es zunächst ein bahnbrechender Fortschritt, in Ländern mit Trinkwasserknappheit ein einfaches und effektives Wasserwerk wie die PET-Flasche einsetzen zu können, um Menschen vor dem Verdursten oder Infektionen wie der Cholera zu bewahren. Doch dass sich die chemische Belastung des Wassers durch das Erhitzen des Kunststoffs erhöhen könnte, wie Professor Shotyk feststellte, ist verständlicherweise ein nachrangiges Problem. Eigentlich ebenso wie der westliche Luxus, weitestgehend auf Glasflaschen ausweichen zu können.

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