Diabetikerlebensmittel entbehrlich

Einheitliche Kennzeichnung von Nahrungsmitteln wird empfohlen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung plädiert für erweiterte und einheitliche Kennzeichnung der Nährwerte von Lebensmitteln. Diabetikern würde so das Leben erleichtert.

Im Reformhaus, im Supermarkt und sogar im Bioladen sind sie wohlfeil, die speziell auf den Bedarf von Diabetikern zugeschnittenen Nahrungs- und Genussmittel. Von Bier, Wein, Saft und Knabberkram bis zum Fertigmenü gibt es alles für den Diabetiker. Und das Schöne für Hersteller und Händler ist, dass in diesem Segment des Nahrungsmittelmarktes Preise und Margen ein wenig besser ausfallen als im Kernsortiment des deutschen Einzelhandels.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung kommt nun zu der Ansicht, dass diese speziellen Nahrungsmittel für Diabetiker entbehrlich sind, wenn alle Lebensmittel mit einheitlichen und aussagekräftigen Angaben über ihre Inhalte und Nährwerte versehen werden.

Das Problem Diabetes

Diabetes mellitus ist eine Stoffwechselkrankheit. Die Folge ist, dass der Körper der Betroffenen entweder kein Insulin mehr produziert (Typ 1) oder dass die Zellen das Insulin nicht mehr aufnehmen können (Typ 2). In beiden Fällen kann der mit der Nahrung aufgenommene Zucker nicht ins Zellinnere gelangen. Seine Rolle als Energielieferant oder Energiespeicher kann er nicht mehr wahrnehmen. Der mit der Nahrung aufgenommene Zucker wird stattdessen im Blut angereichert und ungenutzt mit dem Urin ausgeschieden.

Den Diabetikern wurde und wird noch immer häufig eine strenge Diät mit dem Verzicht auf Zucker und der genauen Beachtung von aufgenommenen Broteinheiten (BE) empfohlen. Für die Diabetiker wurde von Seiten der Nahrungsmittelindustrie ein breites Sortiment spezieller Diabetiker-Lebensmittel geschaffen. Der Kern dieser Produkte ist der Einsatz von Zuckeraustauschstoffen, insbesondere von Fructose.

Diabetes ist keine reine „Zuckerkrankheit“. Störungen des Protein- und Fettstoffwechsels treten mit dem Diabetis mellitus auf. Diabetiker benötigen individuelle Ernährungspläne, um neben normalen Blutzuckerwerten auch günstige Blutfettwerte, normalen Blutdruck und normales Körpergewicht zu erreichen oder zu halten. Kern der Therapie ist eine ballaststoff- und vitaminreiche Ernährung. Obst, Gemüse und Salat sowie Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte gehören täglich auf den Tisch des Diabetikers. Fette Wurst- und Käsesorten sollten dagegen ebenso wie Schokolade, Kuchen und Kartoffelchips gemieden werden. Fettarme Milchprodukte sollten bevorzugt werden. Zum Kochen werden Öle statt Butter empfohlen. Mit Kochsalz sollte sparsam umgegangen werden. Alkohol sollte nur in Maßen genossen werden.

Spezielle, „für Diabetiker geeignete“ und als solche gekennzeichnete Lebensmittel sind dagegen nach Meinung des Bundesinstituts für Risikobewertung entbehrlich. Zumal die Kennzeichnung ihren Zweck nicht wirklich erfüllt, denn es gibt eine Vielzahl von Lebensmitteln, die für Diabetiker geeignet sind, aber als solche nicht extra gekennzeichnet werden.

Neuere Erkenntnisse und Folgerungen

Das Bundesinstitut für Risikobewertung führt neuere wissenschaftliche Erkenntnisse ins Feld. Danach ist ein Zuckerverbot bei Diabetes nicht zwingend notwendig. Diabetiker sollten sich an den Empfehlungen orientieren, die auch für die Allgemeinbevölkerung gegeben werden. Wichtig ist der tägliche Verzehr von Obst und Gemüse. Denn diese Lebensmittel wirken antioxidativ und enthalten viele Ballaststoffe. Spezielle Diabetiker-Lebensmittel sind nach Ansicht des Bundesinstituts für Risikobewertung nicht erforderlich. Schon in früheren Studien hat das Institut darauf hingewiesen, dass der Ersatz von Zucker durch Fructose nicht nur positive Wirkungen hat, sondern bei höherem und längerem Konsum auch mit negativen gesundheitlichen Folgen gerechnet werden muss. Auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft verweist auf diese Zusammenhänge.

Damit sind aus Sicht des Bundesinstituts für Risikobewertung besondere Vorschriften für Diabetiker-Lebensmittel nicht erforderlich. „Vielmehr sollte eine einheitliche und erweiterte Nährwertkennzeichnung auf verpackten Lebensmitteln Diabetikern die Auswahl erleichtern“, sagt Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung.

Wie alle anderen Verbraucher würden auch Diabetiker von einer erweiterten und einheitlichen Nährwertkennzeichnung profitieren, über die derzeit auf europäischer Ebene diskutiert wird. Leicht verständliche Angaben zu Brennwert, Eiweiß, Kohlenhydraten und Fett finden sich schon heute auf vielen Produkten. Gefordert werden weitere Angaben zu Gesamtzucker, gesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und Natrium oder Kochsalz auf verpackten Lebensmitteln. Das würde die Auswahl geeigneter Produkte für alle Verbraucher und vor allem für die große Zahl von Diabetikern erheblich erleichtern.

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