Haare – weit mehr als lediglich Schmuck

Schöne Haare sind bis auf den heutigen Tag ein Schmuck für seinen Träger. Haare spielten einst in der Rechtssymbolik eine Rolle und galten der Magie fähig.

Frauen wie Männer von heute tun viel, um ihrem Haar ein schönes Aussehen zu geben oder es als Blickfang einzusetzen. Deshalb werden weder Kosten noch Mühe gescheut, wenn es um die Pflege der Haare geht. Schönes und gepflegtes Haar wertet die Persönlichkeit auf, zumindest nach außen hin. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Haar lang oder kurz geschnitten getragen wird. Anders dagegen in früheren Jahrhunderten, da durfte langes Haar nur von wenigen bestimmten Personen, besser gesagt Persönlichkeiten getragen werden: Kaiser und Königen zumeist nur. Später dann auch vom Adel.

Haaren wird seit jeher eine besonder Wirkung nachgesagt. Das Weiterwachsen der Haare über eine gewisse Zeit nach dem Tod hinaus ist wohl die Ursache für die Annahme, das Haar sei Sitz magischer Kräfte. Schon die biblische Geschichte des Samson (Buch der Richter, 13-16) berichtet davon: „Wenn man mich schöre, so wiche meine Kraft von mir, dass ich schwach würde und wie alle anderen Menschen.“ Auch die Germanen waren dieser Meinung, schnitt der böse Gott Loki der Sage nach doch Thors Gemahlin die Haare ab, um sie ihrer Macht zu berauben. Haar gilt als sehr altes Rechtssymbol. Das Abscheren des Haupthaares ist als Strafe wohlbekannt. Schon der Sachsenspiegel (14. Jh.) nennt die Strafe „an Haut und Haaren“. Damit ist das schimpfliche Scheren der Haare, oft verbunden mit Prügelstrafe, gemeint.

Als langes Haupthaar Königen, Kaisern und geweihten Persönlichkeiten vorbehalten war

Bei den Germanen galt langes Haar als Kennzeichen des „Freien“. Geweihte Persönlichkeiten wie etwa die indischen Sadhus oder die jüdischen Nasiräer durften ihre Haare niemals schneiden lassen. Die mächtigen Frankenkönige trugen ihr langes Haupthaar gern zur Schau, später dann der gesamte Adel. Langes offenes Haar war für das freie Mädchen Zeichen des freien und ledigen Standes. Die verheiratete Frau hatte ihr Haar einzubinden oder unter einer Haube zu tragen. Knechten und Unfreien war es verboten, ihr Haar lang zu tragen, sie mussten es kurz geschoren halten. Das Abschneiden und die Übergabe von Haar galt als Zeichen der Unterwerfung. Gefangenen Feinden wurde das Haupthaar geschoren. Auch die Tonsur der Mönche ist Zeichen der Unterwerfung unter die Regeln des Ordens und auf die älteren rituellen Bräuche zurückzuführen.

Das Haar als Rechtssymbol

Aus der mystischen Vorstellung, das Haar sei der Sitz magischer Kräfte, ist wohl die symbolische Bedeutung des Haares für die Menschen früherer Zeiten abzuleiten. So sind Haar- und Bartwuchs Zeichen der Mannbarkeit und damit des wehrfähigen Alters. Haar- und Barttrachten waren gleichzeitig Stammes- und Standeszeichen. Friesische Männer schworen, indem die rechte Hand eine symbolische Handlung ausführte – das Schwert berühren etwa – und die linke dabei das Haar berührte. Bei den Germanen war die erste Haarschur mit der Waffenreichung verbunden. Dass das Abscheren des Haupthaares als Strafe galt, wurde schon angesprochen. Deshalb wurden Ehebrecherinnen die Haare geschoren. Haarscheren als Strafe für Männer galt als Zeichen der Verknechtung, da mit den Haaren das Zeichen der Freiheit genommen wurde.

Das Haar und seine magische Wirkung

Dass über die besondere Wertschätzung des Haupthaares hinaus diesem auch übernatürliche Kräfte nachgesagt werden, gehört keineswegs nur ins Reich der Märchen und des „niederen“ Aberglaubens. Die wohlbekannte Sitte des Skalpierens geht auf die Überzeugung zurück, dass im Haar die Kraft des Menschen ruhe (weiter oben angedeutet durch Samson im Buch der Richter). Daraus erklärt sich auch, weshalb früher peinlichst darauf geachtet wurde, abgeschnittene Haare nicht herumliegen zu lassen oder einfach fortzuwerfen. Es könnten ja andere sich dem Haar bedienen – Hexen und Zauberer, war man sich dereinst sicher – und dazu benutzen, ihrem Eigentümer ernsthaft Schaden zuzufügen. Deshalb wurde empfohlen, abgeschnittene Haare entweder zu vergraben, auf eine andere Weise schnellstens aus dem Weg zu räumen oder am besten gleich zu verbrennen. Erst dann konnte man sicher sein, dass niemand damit Unheil stiften kann. Gott sei Dank sagt man heute dem Haar nicht mehr derart unheilbringende Kräfte nach.

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