Wann wird Angst zu einer Angststörung?

Angst hat eine hemmende und krankhafte Wirkung, wenn sie das Leben zu stark einengt und ein erheblich spürbarer Leidensdruck gegeben ist.

Fachsprachlich spricht man zumeist nicht von einer kranken Angst oder Angsterkrankung. Man benutzt eher die Bezeichnung “Angststörung“, da entgegen der Bezeichnung “Krankheit” kein rein biologisches Erklärungsmodell vorhanden ist.

Merkmale einer Angststörung

Eine Angststörung zeigt sich ohne reale Bedrohung oder hält dauerhaft an, auch wenn die reale Gefahr schon lange vorüber ist. Die gestörte Form der Angst empfinden Betroffene sehr häufig, extrem intensiv und oft ohne passenden Zusammenhang. Angststörungen werden als sehr dauerhaft empfunden und sind mit starken körperlichen Symptomen verknüpft. Es ist ein übermächtiges Gefühl, das nicht vom Betroffenen kontrolliert oder willentlich beendet werden kann. Angststörungen schwächen sich auch nicht durch Erklärungskonzepte ab. Sie sind mit verunsichernden Erwartungsängsten verbunden, einer Art “Angst vor der Angst”. Gestörte Angstgefühle verursachen Vermeidungsverhalten gegenüber angstmachenden, jedoch objektiv ungefährlichen oder nur mit einem sehr geringen Restrisiko verbundenen Situationen. Sie führen dazu, dass Betroffene wichtige Aktivitäten unterlassen und schränken die Lebensqualität schmerzhaft ein. Angststörungen belasten jeden Betroffenen individuell sehr verschieden, verursachen jedoch immer einen erheblichen Leidensdruck.

Drei Bedingungen für Angststörungen

Erstens kann ein gestörtes Angstgefühl entstehen, wenn bestimmte körperliche Zustände, Situationen oder Objekte falsch eingeschätzt werden. Die Fehleinschätzung und Fehlinterpretation von Erfahrungen, Beobachtungen und Erlebnissen führt dazu, etwas nicht mehr realistisch zu bewerten. So werden eher ungefährliche Dinge in der individuellen Wahrnehmung zur Bedrohung und mit teils sehr extremen Angstreaktionen verknüpft. Zweitens entstehen Angststörungen auch durch hirnorganische Schäden. Bei bestimmten Krankheitsprozessen im Gehirn funktioniert die Alarm – und Bedrohungsstruktur nicht mehr zuverlässig. Drittens kann das innere Warnsignal der Angst nicht abklingen. Bei dieser Bedingung erfolgt keine Gewöhnung an ein Angstgefühl. Gegenteilig kann sich die Erregung noch steigern, wie es beispielsweise bei der posttraumatischen Belastungsstörung der Fall ist.

Möglichkeiten, eine Angststörung zu erkennen

Zunächst prüft man, ob Merkmale einer Angststörung gegeben sind. Ein übermächtiger Leidensdruck durch häufige Angst und starkes Vermeidungsverhalten gehören zu den deutlichsten Hinweisen. Für die Diagnose einer Angststörung ist es weiterhin erforderlich, voraussetzend körperlichen Ursachen durch eine umfassende organische Untersuchung auszuschließen. Gleichfalls wird hinterfragt, ob eventuell andere psychische Störungen – beispielsweise eine Depression – als alleinige Ursache der Angst ausgeschlossen werden können. Werden allgemeine Kriterien festgestellt, kann die Art der Angststörung ermittelt werden. Bei einer Angst, die unabhängig von einer Situation oder einen Objekt auftritt, handelt es sich vermutlich um eine attackenartige Panikstörung oder die eher kontinuierlich auftretende generalisierte Angststörung. Eine situationsabhängige oder objektabhängige Angst verweist auf eine Phobie, Platzangst, soziale oder spezifische Phobie. Insbesondere für die spezifische Phobie ist auffällig, wenn die Angst als Furcht vor ganz bestimmten Dingen erkannt werden kann. Ein gestörtes Angstgefühl kann sehr individuell geformt sein. Aus Erfahrungswerten haben Psychologen Erscheinungsbilder gelistet, um eine Angststörung besser eingrenzen zu können.

Zehn typische Erscheinungsbilder für Angststörungen

1. Die Angst aus heiterem Himmel oder Angst vor der Angst – Panikstörung;

2. Die Angst ohne Helfer und Fluchtweg zu sein, in der Falle zu sitzen – Platzangst;

3. Die Angst vor einem bestimmten Etwas oder einer Situation – spezifische Phobie;

4. Die Angst vor anderen Menschen, sozialer Kritik und Ablehnung – soziale Phobie;

5. Die Angst vor allem, unkontrollierbare Sorgen – generalisierte Angststörung;

6. Die Angst durch einen Schock,

vor ungewollten Erinnerungen an ein Trauma – posttraumatische Belastungsstörung;

7. Angstbewältigung, Vermeidung durch Zwänge und Zwangsrituale – Zwangsstörung;

8. Die Angst um die Gesundheit, eingebildete Krankheiten – hypochondrische Störung;

9. Angst als Folge körperlicher Erkrankung – organische Angststörung;

10. Angst als Folge von Alkohol oder Drogen – substanzinduzierte Angststörung.

Etwa 9 Prozent der deutschen Bevölkerung würden nach wissenschaftlichen Erhebungen unter einer behandlungsbedürftigen Angststörung leiden – etwa doppelt so viele Frauen als Männer.

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