Zu wenig Schlaf fördert Übergewicht

Moderne Lebensstile bewirken, dass viele Menschen weniger schlafen. Schlafmangel reduziert bestimmte Hormonspiegel und könnte so den Appetit steigern.

Längere Arbeitszeiten und mehr Möglichkeiten der Freizeitgestaltung sowie die Nutzung elektronischer Medien bis tief in die Nacht haben die Schlafdauer in den letzten Jahrzehnten verkürzt, wie Daten aus den USA zeigen. Gleichzeitig hat die Zahl übergewichtiger Menschen zugenommen. Diese Beobachtung veranlasste Forscher zu untersuchen, ob es einen Einfluss der Schlafdauer auf die Entstehung von Übergewicht gibt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) berichtet nun über diese Studien.

Häufig Übergewicht bei Kindern mit Schlafmangel

Bisherige epidemiologische Befunde deuten darauf hin, dass eine kurze Schlafdauer mit einem erhöhten Risiko für Übergewicht verbunden ist, vor allem bei Kindern. Diese statistische Risikobeziehung sagt allerdings zunächst nichts über einen ursächlichen Zusammenhang aus. Sogenannte Interventionsstudien zur Beantwortung der Frage, ob Menschen durch eine längere Schlafdauer Übergewicht verhindern beziehungsweise abnehmen können, gibt es nicht.

Zu wenig Schlaf schafft höheres Risiko für Gewichtszunahme

Viele Studien weisen auf ein erhöhtes Risiko für Übergewicht bei kürzerer Schlafdauer hin, die Studienlage ist insgesamt jedoch nicht eindeutig ist. Bei Kindern zeigten prospektive Kohortenstudien eine deutliche, signifikant inverse Beziehung zwischen Schlafdauer und der Gewichtszunahme bzw. der Entwicklung von Übergewicht im späteren Leben. Bei Erwachsenen waren die Studienergebnisse weniger konsistent, es zeigte sich keine klare Beziehung. Die divergierenden Ergebnisse könnten unter anderem durch die Methodik begründet sein, da die verwendeten retrospektiven Selbstangaben zur Schlafdauer bei Erwachsenen per se sowie durch Probleme wie Schlafstörungen anfällig für Ungenauigkeiten sind.

Wie könnte die Schlafdauer das Gewicht beeinflussen?

Noch diskutieren Wissenschaftler verschiedene Mechanismen, über die die Schlafdauer das Körpergewicht beeinflussen könnte. Ein Beispiel: Durch eine kurze Schlafdauer könnte der Energieverbrauch unwillentlich sinken, da bei chronischer Müdigkeit möglicherweise spontane Bewegungen (z.B. Herumzappeln) reduziert werden und die Körpertemperatur gesenkt wird (verringerter Grundumsatz).

Bekannt ist, dass die Schlafdauer beim Menschen die Konzentration von appetitregulierenden Hormonen im Blut beeinflusst: Wenig Schlaf senkt die Leptin- und erhöht die Ghrelinkonzentration und könnte so den Appetit steigern.

Weniger Selbstdisziplin nach schlechtem Schlaf

Ein Schlafdefizit könnte unabhängig von hormonellen Wirkungen das Essverhalten beeinflussen: Es wurde mit neurologischen Folgen wie reduzierter Impulskontrolle in Verbindung gebracht, was zu verstärktem „Lustessen“ während des ganzen Tages führen könnte.

Die verhaltensbezogene Verbindung zwischen Schlaf und Körpergewicht könnte auch darin bestehen, dass in einer Gesellschaft mit jederzeit verfügbaren verzehrfertigen Lebensmitteln umso mehr konsumiert wird, je länger man wach ist. Demzufolge würde längerer Schlaf weniger Gelegenheit zum Essen und Trinken bieten und damit eine geringere Energiezufuhr begünstigen.

Kalorienverbrauch beim Fernsehen fast so niedrig wie beim Schlafen

Da beim Schlafen der Energieverbrauch nur 10 % geringer ist als beim Fernsehen (das häufig von Knabbereien und Snacks mit hohem Kaloriengehalt begleitet wird), könnte eine entsprechende Verhaltensänderung – längere Schlafdauer anstelle von Medienkonsum – die Energiebilanz verbessern. Eine verkürzte Schlafdauer könnte andererseits aber auch für zusätzliche körperliche Aktivität genutzt werden und damit den Energieverbrauch erhöhen.

Schlafdefizit: Ursache für Übergewicht oder Begleiterscheinung?

Wenig Schlaf könnte auch lediglich ein Indikator für einen gesundheitsabträglichen Lebensstil oder eine Folgeerscheinung sein: Starkes Übergewicht ist ein Risikofaktor für Schlafapnoe, die den Schlaf durch Atemprobleme stört. Dies kann eine verringerte Schlafdauer bzw. -qualität bedingen. Gleiches gilt zum Beispiel auch für psychiatrische Krankheiten, insbesondere Depressionen, und psychosoziale Probleme, die in der Literatur häufig als Ursache sowohl für verkürzte Schlafdauer als auch für Übergewicht erwähnt werden.

DGE rät: weniger Kalorien und effektives Gewichtsmanagement

Die DGE betont, dass das beste Mittel zur Prävention von Übergewicht die Veränderung des Ernährungs- und Bewegungsverhaltens ist. Hinsichtlich eines effektiven Gewichtsmanagements sollte die Aufmerksamkeit weniger dem Schlaf und mehr der körperlichen Aktivität und einer bezüglich der Nährstoffzufuhr ausgewogenen, volumenreichen und energieärmeren Ernährung gewidmet werden.

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