Autogenes Training für Kinder und Jugendliche

Märchen und Fantasiereisen ermöglichen kinderleichte Entspannung. Folgende Tipps und Buchvorschläge können Eltern und Pädagogen helfen, ihren Kindern und Schülern den Weg zur Entspannung durch Autogenes Training zu vermitteln.

Autogenes Training muss Kindern anders vermittelt werden als Erwachsenen. Das Zauberwort heißt „bildhafte Entspannung“. Das bedeutet, die Grundübungen von Schwere und Wärme werden in Bilder und Geschichten verpackt, um Kindern die Konzentration zu erleichtern. Kinder sollten immer im Liegen üben dürfen und nicht mehr als 15-20 Minuten. Auf längere Übungen können sie sich schwer konzentrieren und werden dann wieder unruhig. Beim Üben im Sitzen droht die Gefahr von Kreislaufstörungen mit Schwindelgefühlen, vor allem in Wachstumsphasen. Wichtig sind feste Übungszeiten, zum Beispiel nach dem Essen. Da ist der Körper mit Verdauen beschäftigt, was sowieso schon müde macht und die Erledigung der Hausaufgaben erschwert. Auflockerungsübungen vor und nach der eigentlichen Entspannungsübung sind hilfreich, sollten dann aber vor dem Schlafen gehen unterbleiben.

Kleinen Kindern liest man abends vor dem Einschlafen entspannende Texte vor, zum Beispiel aus den Sammlungen „Im Land der tausend Steine“ oder „Spiele und Geschichten mit dem Regenstab“. Beide Hefte entstanden in Zusammenarbeit von Marianne Markert und Gerda Arldt als Praxis-Bücher für die Stillearbeit im Kindergarten in der Grundschule und zu Hause (Verlag Insel-Welt). Hervorragend für Kinder geeignet sind auch einige Bücher von Else Müller (erschienen als Fischer Taschenbücher). Diese Autorin verpackt ebenfalls die Formeln des Autogenen Trainings in entspannende Geschichten und Fantasiereisen. „Träumen auf der Mondschaukel“ und „Auf der Silberlichtstraße des Mondes“ – die Titel allein dürften schon die Fantasie der Kinder anregen und Vorfreude aufs abendliche Vorlesen wecken.

Umgang mit Kinderängsten

Wichtig ist, schon die Probleme und Ängste von Kleinkindern ernst zu nehmen, auch wenn diese aus unserem erwachsenen Blickwinkel unbedeutend oder gar lächerlich wirken mögen. Bei der weitverbreiteten Angst vor der Dunkelheit kann schon ein sanftes Nachtlicht in der Steckdose Abhilfe schaffen. In anderen Fällen reicht ein offener Vorhang, damit das Licht einer Straßenlaterne ins Zimmer scheinen kann. Notfalls lässt man die Zimmertüre einen Spalt geöffnet. Das signalisiert dem Kind in etwa „Die Mama oder der Papa merkt, wenn ich schlecht träume oder Angst habe und weine und wird dann zu mir kommen“.

Zwei Erzählungen, die zeigen, wie selbst ganz alltägliche Begebenheiten oder Tiere im Traum zu Monstern mutieren, wurden von der Autorin selbst verfasst (Text: Ursula Wyputta/Zeichnungen: Detlef Zwirner). „Evi und der Regengeist“ ist eine Gute-Nacht-Geschichte für Kinder von 8-10 Jahren. Auch in Jonas und die Riesenmaus geht es darum, wie ein Kind erleichtert aufwacht und merkt, dass es den Schrecken nur geträumt hat. Beide eignen sich bestens auch zum Vorlesen. Denn selbst wenn Kinder in dem Alter schon gerne groß sein möchten, lieben sie abendliche Rituale, die das zu Bett gehen und Einschlafen erleichtern. Diffuse Ängste äußern sich bei Kindern oft als Bauchweh bis hin zum Durchfall, manchmal über lange Zeit. Selbst wenn der Arzt keine organische Ursache findet, bilden sich die kleinen Patienten die Bauchschmerzen nicht ein oder simulieren. Das Nervengeflecht im Bauch – medizinisch Solarplexus genannt – ist bei Kindern und Jugendlichen noch weit anfälliger für Störungen als bei Erwachsenen. Hier hilft nicht nur die gute alte Wärmflasche, sondern vor allem die spezielle Wärmeübung des Autogenen Trainings für das Sonnengeflecht:

„Du denkst an die Wärme der Sonne, an den Sommer. Du liegst im Gras, die Sonne scheint dir auf den Bauch. Du spürst die Wärme der Sonne auf deinem Bauch. Dein Bauch wird wärmer und immer wärmer. Wohlige, sonnige Wärme in deinem Bauch…“ (aus Markert: „Autogenes Training für Dich“).

Autogenes Training für ältere Kinder und Jugendliche

An Eltern und Schulkinder gleichermaßen wendet sich Dr. Christoph Schenk. Sein „Autogenes Training für Schulkinder“ (Heyne Elternratgeber) bietet ebenso wie der GU Ratgeber „Autogenes Training mit Kindern“ von Klausbernd Vollmar neben den Übungen eine Fülle an Informationen zum Thema Stress. Der Heilpraktikerin Marianne Markert aus Öhningen liegt mehr daran, das Autogene Training auf spielerische Weise zu vermitteln. Zum Selberlesen für Kinder ab acht Jahren ist ihr Buch „Autogenes Training für Dich“ gedacht. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Geschichten auf Kassette zu sprechen und bei Bedarf abzuspielen. Auch für junge Leute hat Marianne Markert ein eigenes Übungsbuch verfasst. „Autogenes Training und Mentaltraining für Jugendliche“ erschien ebenfalls im Insel-Welt Verlag. Die Texte sollen als Anleitung zur Selbsthilfe dienen. Es geht darin um die Linderung von körperlichen Beschwerden, um Entspannung, Stressbewältigung, Abbau von Ängsten und den Umgang mit Trauer und dem Alleinsein. Wichtiges Thema ist zudem der Umgang mit Gewalt, der leider schon Kinder heutzutage zunehmend ausgesetzt sind. Empfehlenswert für Jugendliche sind auch die Bücher und Kassetten von Else Müller. „Du spürst unter Deinen Füßen das Gras“, „Inseln der Ruhe“ oder „Wege in der Wintersonne“ bieten eine Fülle von Visualisierungsübungen und Reiseimpressionen zum Entspannen oder als Anreiz für eigene Tagträume.

Bewegung als Einstieg in die Entspannung

Heute bewegen sich die meisten Kinder und Jugendlichen zu wenig. Viele verbringen ihre komplette Freizeit vor dem Fernseher, an der Playstation oder am Computer. Haltungsschäden, Konzentrationsstörungen und Übergewicht sind einige der Folgen des Bewegungsmangels. Und abends fällt das Abschalten im doppelten Wortsinne schwer. Verbote bringen kaum etwas. Besser ist es, interessante Alternativen aufzuzeigen, in der Freizeit selbst aktiv zu werden. Wer den üblichen Schulsport nicht mag, geht vielleicht lieber joggen, tanzt gern oder fährt auf dem Skateboard. Manche Kinder möchten einen Kurs zur Selbstverteidigung machen. Das ist gerade für schüchterne oder ängstliche Gemüter eine gute Methode, mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln. Doch egal, wie man sich bewegt, man sollte wenigstens einmal am Tag außer Atem kommen. Das baut überschüssige Blutzucker- und Fettreserven ab bei jenen Typen, deren Stoffwechsel unter Stress auf Hochtouren läuft. Gleichzeitig bringt es diejenigen in Schwung, die eher antriebsschwach sind und ständig müde. Leider gibt es heute zu wenig Gelegenheiten für Kinder und Jugendliche, sich richtig auszutoben. Deshalb bieten Entspannungskurse vor den eigentlichen Entspannungsübungen oft erst einmal eine Viertelstunde Bewegung. Gut geeignet sind zum Beispiel Übungsfolgen aus der Kinesiologie, die gleichzeitig konzentrationsfördernd wirken. Wenn dazu noch flotte Musik läuft, die sich die Kinder am besten selbst aussuchen dürfen, gelingt die anschließende Umschaltung auf Entspannung meist spielend.

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